Die Austrian Airlines braucht Staatshilfe. Im Gastkommentar kritisiert die Anwältin und Obfrau des Vereins "BürgerInnen für Transparenz, Kostenwahrheit und Nachhaltigkeit in der Luftfahrt", Susanne Heger, die Geschäftspolitik des Flughafens Wien.

Es ist wieder einmal so weit: Die AUA braucht staatliche Hilfe. Das verwundert angesichts der Corona-Krise nicht, aber dass sie gar so hoch ausfallen muss – 800 Millionen Euro stehen im Raum –, liegt daran, dass die AUA zu den Corona-Patienten mit Vorerkrankungen zählt. Diese hat sie sich am Flughafen Wien in einem Preiskampf eingehandelt, den der Wizz-Air-Chef im Sommer 2019 als "Blutbad" bezeichnete. Ausgelöst hat diesen ruinösen Preiskampf der Flughafen selbst, indem er mit Fördergeldern und Gebührenbefreiungen aktiv Billigairlines anlockte, die ihre extrem niedrigen Ticketpreise überdies durch brutales Lohndumping und Steuervermeidung erzielen. Das Flughafen-Management brüstete sich mit den ständig steigenden Passagierzahlen, wenngleich die Geschäftsberichte zeigen, dass die Umsätze gegenüber dem Passagierwachstum deutlich zurückblieben. Die AUA, der einzige substanzielle Arbeitgeber in Österreich unter den Airlines, kündigte schon im November 2019 ein Sparpaket mit drastischem Mitarbeiterabbau an.

Bis 17. Mai bleiben die AUA-Flieger am Boden.
Foto: APA / Austrian Airlines

Das Schema ist nicht neu. Schon vor einem Jahrzehnt trieb es der Flughafen recht bunt mit dem Anlocken von Billigairlines und siedelte damals die slowakische Billigairline Sky Europe als zweiten Homecarrier neben der AUA in Wien an. 2009 endete der Konkurrenzkampf damit, dass die Sky Europe verschwand und die AUA mit 500 Millionen Euro aus Steuergeldern subventioniert an die Lufthansa übertragen wurde, die eine Standortgarantie für zehn Jahre abgab. Die Frist ist um, die Lufthansa fordert, und der Flughafen Wien macht sich für die AUA stark. Sie ist sein Systemträger; Subventionen an die AUA dienen dem Flughafen ebenso.

Gebührensystem neu regeln

Fängt der Staat die AUA jetzt auf, dann werden in Summe binnen knapp einem Jahrzehnt mehr als eine Milliarde Euro Steuergelder in die Standorterhaltung am Flughafen Wien geflossen sein. Wenn sich jetzt die Geschäftspolitik dort nicht grundlegend ändert, ist es nur eine Frage der Zeit, wann der Steuerzahler wieder dran sein wird – zum dritten Mal.

Zunächst ist das Gebührensystem des Flughafens neu zu regeln. Spätestens mit der EuGH-Entscheidung vom November 2019 ist klar, dass das "Incentiveprogramm" des Flughafens, das die Grundsätze für privatrechtliche Rabattierungsvereinbarungen zwischen dem Flughafen und den Airlines vorsieht, vom Verkehrsministerium zu genehmigen ist – so wie es für die allgemeinen Tarife der Gebührenordnung gilt. Dies ist bisher nicht geschehen.

Intransparente Kriterien

Jedenfalls nicht genehmigungsfähig – weil im Lichte des genannten EuGH-Urteils eklatant rechtswidrig – ist der "Success Based Incentive", der die Zahlung von Fördergeldern an die Airlines nach intransparenten Kriterien vorsieht. Vor allem mit ihm wurden die Billigairlines angelockt. Die sonstigen "Incentives" werden nach den Grundsätzen der Kostenwahrheit zu bereinigen sein. So ist beispielsweise der Destinationsincentive, wonach im ersten Jahr 100 Prozent der Landeentgelte rückvergütet werden, als Form des Dumpings kartellrechtlich höchst problematisch. Das Verkehrsministerium muss also für eine dem Wettbewerbsrecht entsprechende einheitliche Gebührenordnung sorgen.

Dem Lohndumping und der Steuervermeidung bei Ansiedlung von Airlines am Flughafen Wien hätte das Verkehrsministerium bereits im Zuge der Erteilung der Betriebsbewilligungen entgegentreten können. So muss es sich jetzt die Frage gefallen lassen, wie es beispielsweise möglich ist, dass die Easyjet unter österreichischem Hoheitszeichen fliegt, aber keine Angestellten in Österreich hat, oder wieso die Wizz Air in Wien eine Basis betreiben darf, ohne für ihre Mitarbeiter in Österreich Steuern abzuführen, und sich die Laudamotion (Ryanair) erfrechen kann, bei ihren Mitarbeitern nicht einmal mehr den Kollektivvertrag einhalten zu wollen.

Geschäftsmodell neu aufstellen

Das Geschäftsmodell Flughafen Wien muss neu aufgestellt werden – ohne Lohn- und Preisdumping. Unter den Bedingungen eines fairen Wettbewerbs wird es zu einer ersten Annäherung an den Grundsatz der Kostenwahrheit kommen, vollständig erzielt wird er erst mit dem Ende der Steuerprivilegien der Luftfahrt. Darauf basierend ermöglicht ein auf den realen Bedarf zugeschnittenes Angebot an Flugverbindungen die nachhaltige Standortsicherung ohne staatliche Subventionen. Schließlich ergibt sich auch der positive Nebeneffekt, dass mit dieser Verkehrspolitik das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens von 2015, zu dem sich Österreich verpflichtet hat, leichter zu erreichen sein wird. (Susanne Heger, 17.4.2020)