Tierarzt mit einem Job aus Berufung: Thomas Eibl.

Thomas Eibl

Was für ein Gedränge im kleinen Wartezimmer: Katzenboxen und kleine Hunde auf dem Schoß der Besitzer. Auf dem Boden die großen Vierbeiner – entweder sie versuchen, ihr hier kleines Revier zu bewachen, oder sie ziehen vor lauter Angst den Schwanz ein, Gebelle, Gejaule. Immer wieder fliegt die Tür zum Behandlungszimmer auf: "Bitte sehr", weist der Doktor den Weg und nimmt, noch bevor er Frauchen und Herrchen befragt hat, gleich einmal Augenhöhe mit den Patienten am Boden ein. Meine schwarze Labrador-Hündin Shiva nimmt die Kommunikation auf, so gut sie kann – zwar zitternd, aber die Pfote ausstreckend.

Diese Unterhaltung geht eine ganze Weile so, beim ersten Mal wirkt es ungewöhnlich, wenn der über 1,90 Meter große Tierarzt mit dem Hund redet, tastet, ein "Aha", ein "Oho", ein "Ah ja", ein "Dankeschön" auf Höhe des Tieres zu hören ist, bevor Thomas Eibl sich wieder aufrichtet, man als Mensch auch einmal beachtet und nach Symptomen befragt wird. Dass zwischenzeitlich dauernd das Telefon klingelt, scheint gerade Nebensache zu sein.

Jetzt ist es still in der Ordination in der Langobardenstraße in Wien-Donaustadt. Beim Eintreten desinfiziert der Tierarzt ausgiebig meine Hände, der Mund-Nasen-Schutz muss bleiben. Das Wartezimmer ist leer. Die Umsätze sind eingebrochen seit Mitte März. Die Leute kämen nurmehr mit sehr kranken Tieren, oft zu spät mit den Erkrankten, sagt Eibl. Er sagt es traurig, weil er in dem blockiert ist, was seine Berufung ist: "Tieren helfen". Und damit auch Menschen. Schmerzlich, berichtet er, sei für die Besitzer das Abstandhalten zum Behandlungstisch, das Zurücktreten, ohne mit einer beruhigenden Hand dabei zu sein, wenn behandelt wird.

Tierarzt aus Berufung

"Berufung" meint Thomas Eibl wirklich so. Es gab, erzählt er, dafür auch ein klassisches Schlüsselerlebnis. Auf dem Schulweg in Oberösterreich im Winter hat er eine Amsel auf dem Weg liegend gefunden, in die Hände genommen und sich in Richtung zu Hause aufgemacht, um sie zu retten. Kurz vor der Eingangstüre ist der Vogel in seinen Händen gestorben. Da wollte er Tierarzt werden. Der Weg war ein längerer, lacht er und berichtet von schwierigen Schuljahren mit "sehr mäßigen" Schulerfolgen inklusive Wiederholung und einem "eher langen" Studium.

Anfang der 90er hat er dann nach einem Berufsstart in der Pharmaindustrie seine Praxis aufgebaut. Mit prekären Phasen, mit schlechten Erfahrungen mit Kreditinstituten. Aufgehalten hat den Vater dreier Kinder das alles nicht. Eine Tochter, freut er sich, steigt jetzt auch in die Ordination ein.

Er selbst ist in den Jahrzehnten seinen, durchaus recht exponierten, Weg gegangen. Hat cranio-sacrale Therapie erlernt, wurde zum Pionier der Energiemedizin in der Tierheilkunde und hat dann seine Expertise in Mikroimmunologie ausgebaut. Bekannt ist er Kollegen und Institutionen durchwegs auch als Streitbarer.

Für Patienten auf Abruf da

Eibl macht kein Hehl aus seiner Überzeugung: Tiere haben eine Seele. Sie haben Persönlichkeit und eine eigene Sprache. Logisch, dass seine Patienten es mit einem Veganer zu tun haben. Auch darin liegt angesichts des Berufsspektrums Veterinär erhebliches Konfliktpotenzial mit vielen. Nicht mit den Tierbesitzern, denen er mit den Viecherln hilft. Dass es einen Teil der Zunft gibt, der ihn als "Paria" sieht, kratzt ihn allerdings nicht. Der 60-Jährige hat sein Profil ordentlich geschärft in all den Jahren.

Wie es dem Unternehmer jetzt geht? Eibl zuckt die Schultern. Tja, sagt er, er kenne prekäres Leben aus den Anfangsjahren recht gut, da erschüttere ihn so schnell nichts. Jetzt habe er eben nur halbtags geöffnet, vertieft sich in Fachliteratur, in Studien. Und ist für seine Patienten auf Abruf in der Ordi. Stundenzählen war ja auch noch nie seines. (Karin Bauer, 18.4.2020)