Drei Tage nach meinem Anruf sitze ich von den letzten Monaten schwer gezeichnet in der kleinen Ankunftshalle des Instituts.

Foto: Philipp Traun

Ich bin am Boden zerstört und nehme jede Hilfe an. Hätte ich zum Institutsprimarius keinen aufrechten Akutkontakt, würde ich jetzt gerade unter dem Tisch eines meiner Stammlokale liegen und "bitte einen allerletzten Wodka" lallen, "doppelt!". Oder schlimmer, ich könnte tot sein.

Bis zu einem stationären Behandlungsbeginn vergehen nämlich nicht selten Wochen. Wochen, die ich vermutlich nicht damit verbracht hätte, mein Leben zum Bejahenden und Heilsamen umzugestalten oder mir gar die Fußnägel zu schneiden. Ich hätte unerbittlich weitergetrunken, mich dem Untergehen hingegeben, dem Alkohol willenlos ausgesetzt oder, kurz und frei nach Meister Yoda, "stark in mir die Sucht ist".

Doch der Primarius hat die verschlungenen Verwaltungswege verkürzt. Drei Tage nach meinem Anruf sitze ich von den letzten Monaten schwer gezeichnet in der kleinen Ankunftshalle des Instituts. Ich glaube zu wissen, dass heute Donnerstag ist.

Auf dem Weg durch das Foyer bleibt der Primarius stehen, sagt fröhlich, wie er nun mal ist, "guten Tag, Herr Traun, gut, dass Sie gekommen sind". Es braucht seine Zeit, bis die Dankbarkeit einsetzt. Noch schwanke ich zwischen tiefer Scham, restalkoholbedingtem Größenwahn und dem dementsprechend anmaßenden Standpunkt, der eigentliche Herr im Haus zu sein.

Der aber war ich seit langer Zeit nicht einmal im eigenen. (Philipp Traun, 18.4.2020)