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Nur zögerlich wird das Kulturleben wieder Fahrt aufnehmen können. Kinos würden im Sommer wieder öffnen, sofern es die Auflagen der Regierung zulassen.
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Um das Dilemma zu verdeutlichen, griff Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) zu einem signifikanten Bild: Liebesszenen mit Mundschutz? Das werde man auf den Bühnen eher nicht sehen wollen. Es wird also noch dauern, in vielen Bereichen bis in den Herbst, bis der Kulturbetrieb wieder voll hochgefahren wird. Und vieles sei auch noch unklar, müsse situationsangepasst von Tag zu Tag entschieden werden. Man verstehe sich aber als Ermöglicher, nicht als Verhinderer, wie Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) betonte.

Manches konkretisierten die Regierungsvertreter am Freitag in einer Pressekonferenz aber bereits: Es werde etwa einen weiteren Hilfsfonds für Non-Profit-Organisationen geben, man kümmere sich auch um die schwierige Lage frei Beschäftigter in den Kulturbetrieben, die nicht von Kurzarbeitsmodellen erfasst sind. Und, das Wichtigste: Es werden einige Betriebe wieder aufsperren können.

Museen

Zum Beispiel die Museen. Sie dürfen Mitte Mai wieder öffnen. Die acht Bundesmuseen haben sich aber laut Kogler darauf geeinigt, erst Anfang Juli aufzusperren. Die Gründe nennt die derzeitige Bundesmuseen-Vorsitzende und Direktorin der Österreichischen Nationalbibliothek, Johanna Rachinger, auf Ö1: Ein großer Teil der Bediensteten sei bis Ende Juni in Kurzarbeit, einige Häuser hätten Renovierungsarbeiten vorgezogen. Und schließlich müsse man auch eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen: "Wir haben in vielen Museen Liquiditätsengpässe. Da hilft uns die Kurzarbeit sehr."

So wirklich unumstritten scheint diese Entscheidung nicht zu sein, ergab ein Rundruf des STANDARD. Kommende Woche würden sich laut Angaben von Klaus Albrecht Schröder, Generaldirektor der Albertina, "die Direktoren der einzelnen Häuser treffen, um die Pros und Kontras noch einmal in aller Ruhe abzuwägen". Ob er dafür wäre, bereits Mitte Mai oder Anfang Juni zu öffnen, wollte er genauso wie Kollegin Stella Rollig nicht bestätigen. Für die Direktorin des Belvedere liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Haus erst im Juli wieder die Tore öffnet, bei 90 Prozent. Bereits einen Monat früher möchte das Leopold-Museum (es ist kein Bundesmuseum) Zutritt zu den Ausstellungsräumen gewähren. Die Kunsthalle Wien wird erst kommende Woche eine Entscheidung treffen.

Die geschlossenen Freiluftbereiche des steirischen Universalmuseums Joanneum werden unter den vorgegebenen Schutzmaßnahmen mit 18. Mai wieder zugänglich sein. Kulturstadtrat Günter Riegler erklärte, dass das Graz-Museum und das Kunsthaus zeitgleich mit Landesmuseum und Bundesmuseen am 1. Juli öffnen werden.

Theater und Festspiele

Komplex ist die Situation auch bei den Theatern. Hier geht es nicht mehr um die aktuelle Saison vor der Sommerpause, denn die ist bereits abgeschrieben. Gedacht wird vor allem an die nächste Spielzeit ab Herbst, die nun vorbereitet werden muss. Lockerungen gibt es vorerst einzig für die Probenarbeit: Ab Mitte Mai sollen für Staatsoper, Burgtheater sowie die Landestheater Einzelproben möglich sein, ab Juni unter der Einhaltung von Schutzbestimmungen auch Gruppenproben. Gerechnet wird im Innenbereich generell mit 20 Quadratmeter Fläche pro Person und einem Meter Mindestabstand zwischen den Akteuren.

Die Entscheidung, ob und wie die Festspiele in Bregenz (22.7. bis 23.8.) und Salzburg (18.7. bis 30.8.) über die Bühne gehen können, steht noch aus. Länder und Bund seien aber in engem Austausch, entschieden werde bis spätestens Ende Mai. Wahrscheinlich ist, dass beide verschieben oder absagen müssen. Es komme darauf an, so Kogler, wie sich die Virusfallzahlen weiterentwickeln und inwiefern die Veranstalter für ausreichend Abstand bei Sitzplätzen sowie bei Ein- und Auslässen sorgen können. In Innenräumen gestalte sich die Situation jedenfalls schwieriger.

"Bitte warten" heißt es jedenfalls auch für den gesamten Amateurkulturbereich: Laientheatergruppen oder Blasmusikvereine werden weiter auf Einzeltraining in den eigenen vier Wänden oder – wie dieser Tage so oft geübt – aufs Konzert am Fenster und auf dem Balkon setzen müssen.

Große Festivals werden bis Ende August nicht stattfinden können.
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Oper und Konzerte

Die Wiener Volksoper freut sich, "ab Mitte Mai in kleinem Rahmen proben zu dürfen und an der Umsetzung unserer Pläne für September arbeiten zu können". Matthias Naske, Chef des Konzerthauses, ist "dankbar für die Zusage von Vizekanzler Kogler, dass die Bundesregierung einen Fonds einrichten wird, der die ökonomischen Ausfälle gemeinnütziger kultureller Einrichtungen ausgleichen wird". Die kulturelle Vielfalt lebe von den "kleinen und den großen Kultureinrichtungen dieses Landes, und viele davon, auch das Wiener Konzerthaus, erwirtschaften den überwiegenden Anteil ihrer jeweiligen Budgets selbst und refinanzieren sich über ihren Stellenwert im Markt", so Naske.

Durch das Verbot von Veranstaltungen sei die unternehmerische Grundlage zur Finanzierung der mit den Strukturen verbundenen Fixkosten (Gebäude, Personal, Musikerinnen und Musiker) von einem Tag auf den anderen zur Gänze weggebrochen. Man brauche nur wenig Hausverstand, um zu sehen, wohin das führt. "Entscheidend für uns alle bleibt weiterhin, dass die Bundesregierung transparente Regelungen erlässt, die auf die spezifischen Gegebenheiten der einzelnen Spielstätten und Konstellationen umgelegt werden können", so Naske. "Um einen betriebswirtschaftlich darstellbaren Spielbetrieb sicherzustellen, brauchen wir so schnell wie möglich klare zeitliche Vorgaben und Definitionen von Raumkonstellationen, mit denen wir realistische Szenarien entwickeln können. 20 Quadratmeter pro Zuschauer zählt nicht dazu."

Kino und Film

Sommerkinos können bei Wahrung des Sicherheitsabstands heuer stattfinden. Bei Indoor-Kinos ist dies noch unklar. Einerseits fehlen verfügbare Großproduktion, auch mangelt es am subjektiven Sicherheitsgefühl des Publikums, so der Präsident des Kinoverbands, Christian Dörfler. Nachdem Lunacek die Kino-Öffnung fälschlicherweise für September angekündigt hatte, stellte Cineplexx, die größten Kinobetreiber Österreichs, klar, dass sie bereits im Sommer aufsperren wollen, sofern es die Auflagen zulassen. Hart trifft es auch die Filmproduktionsbranche, sie klagt wegen Drehausfällen über Millionenschäden.

Musikfestivals

Großveranstaltungen wird es bis 31. August in Österreich nicht geben: Daher wird das diesjährige Frequency-Festival in St. Pölten abgesagt werden. Eigentlich wäre das neben dem bereits gestrichenen Nova Rock zweite große Musikfestival des Landes von 20. bis 22. August über die Bühne gegangen. Was mit bereits erworbenen Tickets passiert, wird noch überlegt. Der Termin für 2021 steht bereits fest: 19. bis 21. August.

Das bereits von Juni auf den Spätsommer verlegte Wiener Donauinselfest soll hingegen wie geplant stattfinden. Die 37. Ausgabe des Megaevents ist für den 18. bis 20. September angesetzt. Falls im September noch spezielle Sicherheitsvorkehrungen nötig sind, würden diese beim Fest zu 100 Prozent eingehalten werden, versicherte der Sprecher.

Rein theoretisch müsste auch das im Juli stattfindende Popfest Wien betroffen sein – da eng zusammenstehen sowohl unter freiem Himmel am Karlsplatz als auch in den Indoor-Locations dort meist üblich ist. Trotzdem will man das Event noch nicht absagen, sondern denkt über eine Alternativvariante nach. (APA, hil, stew, tos, kr, 17.4.2020)