Geld mit vollen Händen ausgeben oder doch lieber sparen? Eine Frage, die sich den Besuchern im Shopping-Mekka Parndorf eher nicht stellt. Normalerweise. In die Kulissenstadt in dezenten Pastelltönen kommt, wer seinen Jagdtrieb befriedigen will. Schnäppchenjäger, zuweilen ausgerüstet mit Reisekoffern, um sie mit allerlei Tand zu füllen. Adidas, Nike, Levis, Gucci, Armani, Lagerfeld, wer hier oder bei einem der anderen Labels einkauft, trägt seine Schätze gerne auch in Riesenpapiertaschen mit dicken Logos zum Parkplatz.

Normalerweise wurlt es hier. Derzeit bleiben die vielen Besucher weg – weil sie nicht reisen dürfen, weil sie nicht über die Grenzen können. Vielleicht auch, weil Shoppen derzeit bei vielen nicht unbedingt auf der Prioritätenliste ganz oben steht.
Regina Bruckner

Normalerweise. Doch was ist derzeit schon normal? Auch im burgenländischen Designer-Outlet nahe dem Neusiedler See herrschte dieser Tage gähnende Leere. Jetzt wird der Betrieb wieder schrittweise hochgefahren. Einen Monat nachdem die Pforten geschlossen werden mussten. Die Öffnungszeiten sind vorerst auf acht Stunden beschränkt. Man ist gerüstet für den Ansturm. Trenngitter beim Eingang sollen dafür sorgen, dass sich die Besucher gesittet verhalten. Bitte die Maske aufsetzen, sagt ein Security-Mitarbeiter. Viel zu tun hat er am Freitag nicht. Zugeparkte Felder oder drängelnde Massen, wie sie hier gar nicht so selten sind, davon kann man derzeit nur träumen.

Goldgrube

Parndorf ist eigentlich eine Goldgrube für den britischen Betreiber McArthur Glen und zählt zu den einträglichsten Shoppingcentern Europas. 1997 eröffnete die McArthur Glen Group zweieinhalb Kilometer südlich vom Ortskern das Designer-Outlet Parndorf. Seither wurde es mehrfach ausgebaut, unweit davon wurden das Fashion-Outlet Parndorf sowie mehrere Fachmarktzentren eröffnet. Man lebt von internationalen Touristen, von Besuchern aus Ungarn und der Slowakei. Die Shopping-Hochburg ist der Hauptgrund dafür, dass Parndorf auch überall in Österreich ein Begriff ist.

Gerüstet ist man dennoch. Und Experten gehen auch davon aus, dass die Menschen wieder zahlreich herbeiströmen werden.
Regina Bruckner

Am Freitag verirren sich nur vereinzelt Menschen hierher. Im Billa im angrenzenden Fachmarktzentrum gibt es noch Osterware – zum halben Preis. Auch auf vielen anderen verderblichen Produkten klebt ein Rabattmarkerl. Ist schon seit Wochen gähnend leer, zuckt die Verkäuferin schicksalsergeben die Achseln. Ähnlich das Bild im Designer-Outlet selbst. Manche Besucher kommen aus Wien, die meisten aus der Gegend. Viele Geschäfte haben noch zu. Wer sich trotz oder gerade wegen der Krise ein Must-have von Gucci zulegen will, muss warten. Wer offen hat, wie Dolce & Gabbana, Armani oder Lagerfeld, kann seine Kunden an einer Hand abzählen.

Auslüften

Für manche ist gerade das der Grund zu kommen. "Wir sind ja anderes gewöhnt", sagt ein junger Mann mit Maske im Gesicht und Mops im Schlepptau, der brav vor dem Geschäft des bekannten Labels mit den bunten Plastikschuhen auf Einlass wartet. Andere kommen, "weil wir daheim schon jede Ecke kennen", sagt eine junge Frau, die es sich auf einer Bank gemütlich macht. Andere hatten die Absicht zu kaufen. "Ich hätte schon etwas gebraucht", sagt eine ältere Dame mit Ehemann im Schlepptau. "Aber leider haben ja die meisten noch zu."

Derzeit haben viele Geschäfte noch geschlossen. Das sorgt bei manchen der wenigen Besucher für lange Gesichter.
Regina Bruckner

Wer da ist und eines der offenen Geschäfte betritt, wird mit Aufmerksamkeit geradezu überschüttet. Bitte Hände desinfizieren, heißt es bei allen, manche halten blitzblaue Latexhandschuhe bereit. Jeder Einzelne ist hochwillkommen, wird fast mit Dankbarkeit begrüßt und mit Bedauern verabschiedet, wenn er ohne Ware von dannen zieht. "Nichts gefunden?", fragt eine Verkäuferin die einzige Kundin bei Lacoste enttäuscht.

Rabatte, Rabatte

Wie hoch der Umsatzeinbruch sein wird? Beträchtlich, meint Joachim Will. Der deutsche Experte der Wirtschaftsberatung Ecostra geht aber davon aus, dass sich das aufholen lässt. Die Hersteller säßen auf einem Berg unverkaufter Ware, den sie losschlagen müssten – auch durch Rabattschlachten. Damit würden wohl auch die Outlet-Center geflutet. Ein Sonder-Corona-Rabatt locke die Kunden ganz sicher zu willkommenen Shopping-Ausflügen auch in Krisenzeiten. Die ersten Anzeichen finden sich bereits. Schon wirbt eine der drei jungen Verkäuferinnen bei Lagerfeld: "Wir haben eine Promotion." Zehn Prozent gibt es für den, der viel kauft, noch mehr für jene, die so richtig zuschlagen und um einige hundert Euro einkaufen. Aber sollte man in Zeiten wie diesen nicht eher sparen? Auf keinen Fall, sagt sie im Brustton der Überzeugung: "Geld ausgeben ist immer besser." (Regina Bruckner, 17.4.2020)