Als der Kongress beschloss, jedem erwachsenen Amerikaner einen Scheck über 1200 Dollar zukommen zu lassen, machte unter republikanischen Parteifreunden des Präsidenten ein Witz die Runde. Donald Trump, scherzten sie, werde ¬sicher seine Unterschrift auf die Schecks setzen wollen. Kurz darauf, Anfang April, schrieb das Wall Street Journal, dass Trump tatsächlich an so etwas denke. Auf einer seiner täglichen Pressekonferenzen danach gefragt, stritt er es ab. "Nein. Ich? Unterschreiben? Stimmt nicht."

Immer wieder wirkt es, als wolle Donald Trump mit dem Kopf durch die Wand. Dann gibt er plötzlich auf.
Foto: imago/UPI/Kleponis

Nun erhalten die Amerikaner sogenannte Stimulusschecks mit dem Namen ihres Präsidenten, der hinter den Kulissen energisch darauf gedrängt haben soll. Dafür soll er sogar eine Verzögerung in Kauf genommen haben. Von Reportern auf die Kritik angesprochen, erwiderte Trump, er wisse nicht allzu viel "über die Sache". "Wenn ich es richtig verstehe, steht mein Name jetzt drauf. Ich bin sicher, dass sich die Leute sehr freuen über einen großen, fetten, wunderbaren Scheck."

Herumlavieren

Der Egotrip im Weißen Haus, er ist verbunden mit einem permanenten Slalomlauf. Anders formuliert: Trump ist so flexibel, wie er es seinen Wählern schon vor dem Votum 2016 versprochen hatte – aber auf andere Art. Diese Woche drohte er damit, dem Parlament eine Zwangspause zu verordnen. Käme er damit durch, könnte er beispielsweise Bundesrichter einsetzen, ohne dass der Senat sie bestätigen müsste. Ob er das ernst meinte oder nur mit einem Aufreger die Schlagzeilen des Tages beherrschen wollte – wer weiß. Absoluter TrumpIm Streit mit den Gouverneuren einzelner Bundesstaaten, allen voran mit dem enorm populären New Yorker Andrew Cuomo, beanspruchte er "totale Autorität", wenn über die Rückkehr zur Normalität zu befinden wäre.

Trump schwebte der 1. Mai als Tag der "großen Öffnung" vor, landesweit, während Cuomo klarstellte, dass sich in New York bis zum 15. Mai an den Kontaktbeschränkungen nichts ändern werde. Am Donnerstag folgte der Rückzieher. Im Dreistufenplan des Weißen Hauses – "Opening Up America Again" – ist von behutsamer, regional gestaffelter Öffnung die Rede, ohne Termine zu nennen. Nach den neuen Richtlinien kann eine erste Normalisierungsphase beginnen, wenn die Kurve bestätigter Corona-Fälle im jeweiligen Staat über einen Zeitraum von zwei Wochen flacher ist.

Trump in der Krise...

Damit hat der Präsident, bei allem Lärm, einmal mehr auf die Virologinnen und Virologen seiner Taskforce gehört. Obwohl Trump per Twitter kritische Kommentare zum vermutlich wichtigsten von ihnen, Anthony Fauci, weitergab, gipfelnd in der Forderung nach dessen Entlassung: Zumindest für den Moment folgt er den Empfehlungen der Wissenschafter.

Es ist eine Lernkurve, wenn auch eine flachere als etwa in Südkorea oder Österreich. Begonnen hat es mit einer verhängnisvollen Panne. Die Seuchenschutzbehörde CDC entschied sich dafür, einen eigenen Test zu entwickeln, statt einen bereits verfügbaren der Weltgesundheitsorganisation zu nutzen. Der stellte sich aber bald als fehlerhaft heraus, sodass die Experten wochenlang über die Infektionszahlen im Dunkeln tappten. Ed Yong, Wissenschaftsjournalist der Zeitschrift "The Atlantic", nennt es die "Ursünde amerikanischen Pandemieversagens".

Trump überspielte den Mangel mit Sätzen, die allein auf Wunschdenken beruhten. "Jeder, der einen Test will, bekommt einen Test", behauptete er noch Anfang März. Mittlerweile hat der Präsident, auch das ist ein Aspekt seines Stufenplans, die Verantwortung dafür an die lokale Ebene delegiert, nachdem er anfangs noch von einem nationalen Kraftakt gesprochen hatte. Die Einzelstaaten, betont er, müssten jeder für sich das Testregime organisieren.Trump in der Krise: Es ist auch die Zeit der Schuldzuweisungen.

Wahlkampf-Manöver

Ein konservativer Senator, Josh Hawley aus Missouri, hat bereits einen Gesetzentwurf angekündigt, der es US-Bürgern ermöglichen soll, vor amerikanischen Gerichten die Kommunistische Partei Chinas auf Schadensersatz zu verklagen. Ein Unterstützungskomitee für Trump steckt zehn Millionen Dollar in eine Werbekampagne in den Rust-Belt-Staaten Michigan, Pennsylvania und Wisconsin, die dem Rivalen Joe Biden eine fahrlässig weiche Linie gegenüber Peking vorwirft.

Trump in der Krise: Es ist vor allem kühles Kalkül, bestimmt von dem Wunsch, seine Anhänger bei der Stange zu halten. Nahezu die Hälfte aller bestätigten Infektionen entfällt auf drei Ostküstenstaaten, New York, New Jersey und Massachusetts. Alle drei werden von Demokraten regiert. Dünner besiedelte, ländlich geprägte Staaten dagegen sind bisher glimpflich davongekommen. In der Regel sind es Trump-Hochburgen. Was die Rhetorik erklärt, in der er aufs Tempo drückte – bevor er den Fuß vom Gas nahm. (Frank Herrmann, 17.4.2020)