Washington – US-Präsident Donald Trump hat mit mehreren Twitter-Botschaften Proteste seiner Anhänger gegen strenge Ausgangsbeschränkungen in mehreren US-Bundesstaaten angeheizt. "Befreit Minnesota!" und "Befreit Michigan!", schrieb Trump am Freitag in Großbuchtaben, gefolgt von: "Befreit Virginia, und rettet euren großartigen zweiten Verfassungszusatz. Er steht unter Belagerung!"

Der zweite Zusatz zur US-Verfassung garantiert das Recht, Waffen zu tragen. In allen drei US-Bundesstaaten hatte es in den vergangenen Tagen Demonstrationen gegen die Ausgangsbeschränkungen gegeben, die die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen sollen. Trump verteidigte am Freitagabend bei seiner Pressekonferenz die Tweets, da die Maßnahmen in Minnesota, Michigan und Virginia "zu streng" seien.

Trump forderte keine "Befreiung" von Ohio und Utah, obwohl dort ebenfalls strenge Ausgangsbeschränkungen in Kraft sind. Diese beiden Bundesstaaten werden allerdings von Trumps republikanischen Parteifreunden regiert. In Minnesota, Michigan und Virginia sind demokratische Gouverneure an der Macht.

Streit zwischen Cuomo und Trump

Ebenfalls am Freitag griff Trump den demokratischen Gouverneur von New York, Andrew Cuomo, an. Dieser solle "rausgehen und seine Arbeit machen", schrieb er über den Regierungschef des mit mehr als 17.000 Todesopfern am schwersten vom Coronavirus betroffenen US-Staates. Cuomo reagierte mit der lapidaren Bemerkung, wenn Trump "zu Hause sitzt und fernsieht, sollte er vielleicht aufstehen und zur Arbeit gehen".

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Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer reagierte auf Trumps Twitter-Botschaften mit den Worten, sie hoffe, diese würden "nicht weitere Proteste ermutigen". Michigan werde das Wirtschaftsleben dann wieder zur Normalität zurückkehren lassen, "wenn es sicher ist", betonte sie.

Virginias Gouverneur Ralph Northam sagte, angesichts des Kampfes gegen das Coronavirus habe er "keine Zeit, mich mit Twitter-Kriegen zu beschäftigen". Der Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, sagte zu den Tweets des Präsidenten, seine wichtigste Aufgabe sei es, für die Sicherheit der Bewohner seines Staates zu sorgen. Er habe nicht die Zeit, sich mit der Frage zu beschäftigen, warum Trump solche Botschaften schreibe.

Warnung vor Gewalt

Der Gouverneur von Washington dagegen kritisierte Trump scharf. Seine "verwirrten Beschimpfungen" und Rufe nach der "Befreiung" von Staaten könnten zu Gewalt führen, warnte Gouverneur Jay Inslee. Der Präsident stachle zum Aufstand an und verbreite Lügen.

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Eine Demonstrantin in Virginia will sich nicht an die Ausgangsbeschränkungen halten.
Foto: REUTERS/Kevin Lamarque

In mehr als 40 der 50 US-Staaten gelten derzeit Ausgangsbeschränkungen. Trump hatte mehrfach deutlich gemacht, dass er sich ein Ende der Beschränkungen wünscht, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Die Entscheidungsgewalt liegt jedoch bei den Gouverneuren der einzelnen Staaten.

In mehreren Bundesstaaten war es in den vergangenen Tagen zu Demonstrationen gegen die Maßnahmen gekommen, wobei die Teilnehmerzahl stark variierte – von ein paar Dutzend Demonstranten in Virginia bis zu mehreren Tausend in Michigan. Bei der größten Protestaktion hatten am Mittwoch rund 3.000 teilweise bewaffnete Demonstranten in Michigans Hauptstadt Lansing protestiert, zum Teil mit Trump-Wahlkampf-Kappen und -Flaggen.

Graduelle Öffnung

Trump hatte am Donnerstag neue Richtlinien vorgestellt, um die Vereinigten Staaten schrittweise auf den Weg zur Normalität zurückzuführen und die Wirtschaft graduell wieder zu öffnen. In den USA ist die Arbeitslosigkeit wegen der Corona-Krise dramatisch angestiegen. Wegen der im November stattfindenden Präsidentschaftswahl gerät Trump unter zunehmenden Druck. Nach einer Umfrage des Forschungsinstituts Pew meinen 65 Prozent der US-Amerikaner, Trump habe zu spät auf die Corona-Bedrohung reagiert. 66 Prozent sorgen sich, dass die US-Staaten Schutzmaßnahmen zu früh aufheben könnten.

Trump sagte zudem, er rechne infolge der Coronavirus-Pandemie mit 60.000 bis 65.000 Toten in den USA. Die derzeit erwartete Opferzahl liege unter Vorhersagen von mindestens 100.000 Toten, die das Weiße Haus kürzlich vorgestellt hatte. "Ich denke, dass wir hoffentlich erheblich unter den 100.000 bleiben werden", sagte der US-Präsident. (APA, maa. 18.4.2020)