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Hinweis: Dies ist der Beginn einer Trilogie, auch wenn es am Buch nirgendwo vermerkt ist. US-Autor Drew Williams hat zwar gesagt, dass jeder Band seiner "The Universe After"-Reihe für sich allein lesbar sei. Aber der hat auch noch andere Sachen gesagt. Zum Beispiel, dass ihm für "Sternenpuls" das Szenario "Mad Max meets Star Wars" vorgeschwebt hätte. Ich würde es eher so zusammenfassen: Dieser Roman – Williams' erster – leistet für die Space Opera das, was "Eragon" für die High Fantasy geleistet hat ...

Leben nach der galaktischen Katastrophe

Zum Hintergrund: Ein paar Generationen vor der Handlungszeit ist ein Puls genanntes Phänomen durch die Milchstraße gerast, das die galaktische Zivilisation – bestehend aus den Menschen und 17 Spezies von Außerirdischen – schwer getroffen hat. De facto kann man ihn sich am besten als Störfeld vorstellen, das jede Hochtechnologie ausfallen lässt. Allerdings wirkte sich dieser Puls regional höchst unterschiedlich aus: Während in manchen Sektoren der raumfahrende Alltag weitergehen konnte, funktioniert auf weniger vom Glück begünstigten Planeten nicht einmal mehr eine elektrische Zahnbürste.

Der Ursprung dieses Pulses hätte eigentlich ein gutes Geheimnis abgegeben, um Spannung zu erzeugen. Williams hat sich allerdings dafür entschieden, uns gleich zu Beginn zu verraten, dass es sich dabei um eine Waffe handelt, genauer gesagt um eine etwas außer Kontrolle geratene Friedenswaffe. Vor ihrem Einsatz sei die Galaxis nämlich in unzählige Fraktionen zersplittert gewesen (Williams spricht von "Sekten"), die einander erbarmungslos bekriegten. Bis der Orden der Legitimierten und Bußfertigen beschloss, der Kriegsmaschinerie kurzerhand den Boden unter den Füßen wegzuziehen, und den technologiezerstörenden Puls von der Kette ließ.

Die Mission

Hauptfigur und Ich-Erzählerin Jane Kamali gehört diesem Orden an, und das ist auch ihre interessanteste Eigenschaft. Immerhin bedeutet es, dass sie vor den Mitstreitern, die sie im Laufe des Romans aufliest und die allesamt schwer unter den Folgen des Pulses leiden mussten, ein gewaltiges Geheimnis zu verbergen hat. Ansonsten ist Jane die durchschnittlich überdurchschnittlich versierte – ob im Handgemenge, am Schießgewehr oder im Pilotensitz – Superagentin, die man aus unzähligen Genrewerken kennt.

Ihre Mission ist es, in der Galaxis übersinnlich begabte Kinder aufzusammeln und diese ins Sanktum des Ordens zu bringen, wo sie für eine große Aufgabe trainiert werden sollen. Aktuell führt das Jane auf einen pulsgeschädigten Planeten, von dem sie die junge Telekinetin Esa holen soll. Deren Mentorin, eine Predigerin aus dem Maschinenvolk der Barischen, nimmt sie auch gleich mit. Allerdings wird es 150 Seiten voller Flucht und Schießereien (vermutlich der "Mad Max"-Teil des Romans) dauern, bis die drei überhaupt einmal vom Planeten wegkommen.

Die Feinde

Natürlich würden auch andere gerne die Superkinder für ihre Zwecke rekrutieren – allen voran die Sekte der Pax, deren Wesen Jane so tiefschürfend wie folgt analysiert: Manche Leute waren eben gemein und fanden Mittel und Wege, ihre Gemeinheit weiterzuverbreiten. In der Praxis besteht die Aufgabe der Pax darin, Legionen gesichtsloser Redshirts in die Arena zu schicken, die dann von Jane und ihren Verbündeten abgeknallt werden. Das setzt sich später mit Weltraumpiraten, Mutanten und zum Abschluss noch einmal den Pax (diesmal in Raumschiffen) fort. Der Großteil der Handlung ist ein Dauergeballer wie in einem Videospiel.

Zum wenigen Positiven in "Sternenpuls" gehört, dass die Rolle des Ordens nicht unhinterfragt bleibt (Kunststück, immerhin hat der letztlich einen galaxisweiten Massentod zu verantworten). Genau genommen will ja auch der Orden die Kinder ausnutzen – wenn auch natürlich für einen hehren Zweck. Sie sollen nämlich mit ihrer geballten psychischen Kraft die Rückkehr des Pulses abwehren und so eine neuerliche Katastrophe verhindern.

... Moment, warum eigentlich "Rückkehr"? Es wird gesagt, der Puls sei als Welle durch die Galaxis gerast und würde sich nun an ihrem Rand so lange "stauen", bis er zurückschwappt. Aber ist er denn nicht die ganze Zeit da? Wir lesen zu Beginn, wie sich ein Pax-Raumschiff über Janes Zielplanet in seine Bestandteile auflöst, weil es dort in den Wirkungsbereich des Pulses gerät. Wieso hat man also Angst vor seiner "Rückkehr"? Und was ist er nun: eine Welle, ein Feld, ein Effekt, ein Ereignis, ein Dauerzustand, was? Inmitten eines Meeres von Versatzstücken aus anderen SF-Werken bleibt der Puls als einziges eigenständiges Element des Romans leider vollkommen unausgegoren.

Nothing to write home about

So generisch und unplausibel, wie "Sternenpuls" insgesamt ist, könnte es noch als anspruchslose Unterhaltung durchgehen – würde es nicht auch noch so geschwätzig und seitenschindend erzählt. Da weicht dann bei mir auch die letzte Chance auf Unterhaltung der Langeweile. Sorry, aber das hier ist die aufgeblasene Ausgeburt des Teenager-Traums, auch mal einen Science-Fiction-Roman schreiben zu wollen.