Die Pandemie trifft alle, aber besonders die armen Länder.

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Washington – Am Sonntag ist in der US-Hauptstadt die Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu Ende gegangen. Eine, bei der die Teilnehmer einander nur virtuell getroffen haben und eine, die ganz im Zeichen der Auswirkungen der Corona-Pandemie gestanden ist.

Die Vorhersagen der Ökonomen für die Weltwirtschaft fielen drastisch aus. Die Einbrüche des Wachstums der Weltwirtschaft werden die größten seit der Großen Depression in den 1930ern sein. Die IWF-Ökonomen sagen für heuer einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um drei Prozent voraus, in der Eurozone rechnen sie mit einem Minus von 7,5 Prozent.

Die Besonderheit, die der IWF in seinen Untersuchungen herausgearbeitet hat: Die Folgen der Pandemie beeinträchtigen alle, die Industrieländer dieser Welt ebenso wie die Schwellenländer. Wobei es laut IWF zwei Ausreißer nach oben geben werde: China könnte heuer um 1,2 und Indien um 1,9 Prozent wachsen, eine Eindämmung des Coronavirus vorausgesetzt.

Die gute Nachricht für alle: Die Wirtschaft werde sich nächstes Jahr rasch wieder erholen – auch das gelte unter der Voraussetzung, dass das Virus im zweiten Halbjahr 2020 gezähmt werden kann und die weltweit verordneten Ausgehverbote gelockert werden.

Hilfe für Schwellenländer

Der dringende Appell der IWF-Experten an die Staatengemeinschaft lautete sinngemäß: gemeinsam helfen. Vor allem Länder mit schlechten Gesundheitssystemen gehörten unterstützt, Schwellenländer sowieso. Der IWF selbst kündigte an, Kredite aus seinem Programm lockerzumachen, es geht um bis zu eine Billion Dollar. 17 Milliarden Dollar erbat IWF-Chefin Kristalina Georgiewa von den Mitgliedsstaaten für den Hilfstopf, am Donnerstag waren 11,7 Milliarden da: Japan, Großbritannien, Frankreich und Australien haben fixe Zusagen gemacht.

Dutzende Länder haben sich bereits um Unterstützung an den Währungsfonds gewandt, Pakistan zum Beispiel hat schon eine Zusage erhalten. Das Land wird Nothilfen in der Höhe von rund 1,4 Milliarden Dollar (1,3 Mrd. Euro) bekommen.

Schlimme Erwartungen hegt der IWF für Lateinamerika und die Karibik. Ihnen sagt er ein "verlorenes Jahrzehnt" voraus. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und andere Probleme würden dazu führen, dass die beiden Regionen zwischen 2015 und 2025 "wahrscheinlich kein Wachstum" verzeichnen würden.

Argentinien fordert Schuldenschnitt

Das unter einer Riesenschuldenlast ächzende Argentinien ist inzwischen in die Offensive gegangen. Um einem Staatsbankrott zu entgehen, fordert das Land von seinen Gläubigern den Verzicht auf 41,5 Milliarden Dollar. Der IWF hatte die Schuldenlast Argentiniens "untragbar" genannt und einen Haircut (Schuldenschnitt) empfohlen: Es müsse einen "bedeutenden Beitrag der privaten Gläubiger" geben. Das Land sitzt auf Schulden in der Höhe von 323 Mrd. Dollar, Finanzminister Martin Guzman will für einen Großteil davon bessere Bedingungen aushandeln. Ausländischen Gläubigern, die Anleihen im Volumen von 66 Mrd. Dollar halten, legte er vorige Woche einen weitgehenden Forderungsverzicht nahe. Die Gläubiger haben nun 20 Tage Nachdenkzeit. 2001 war das Land schon einmal pleitegegangen, 2015 konnte es sich erstmals wieder Geld vom Kapitalmarkt holen.

Auch für die europäische Wirtschaft wird noch sehr viel Geld fließen müssen. Der Chef des europäischen Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, geht davon aus, dass die Wirtschaft weitere 500 Milliarden Euro von den europäischen Institutionen brauchen werde. "Es könnte aber auch mehr sein", räumte er am Sonntag in der italienischen Zeitung CorrieredellaSera ein. (Reuters, APA, gra, 20.4.2020)