In der himmlischen Formel-1-Lounge hat die Ausgangssperre wegen des Teufelnebels Einzug gehalten. "Das verdanken wir dem hässlichen Heizer im Keller", mault Wolfgang Graf Trips, "im Komponistensaal nebenan wartet Ludwig van Beethoven vergeblich auf Wolfgang Amadeus Mozart, nichts wird’s aus dem vierhändigen Klavierspiel." Jochen Rindt, mit den Hausgebräuchen schon lange vertraut, setzt sich mit der Frage "Was kannst du mir von zu Hause erzählen?" zu Niki Lauda, der sich gerade auf ein Himmelsgetränk hat einladen lassen. Lauda: "Okay, reden wir. Was willst du wissen?"

Rindt: Gibt es noch den Samstagtreff im Gerstner-Köberl auf der Kärntner Straße?

Lauda: Den Gerstner gibt es schon lange nicht mehr, die Kärntner Straße wurde zur Fußgängerzone.

Rindt: Wo trefft ihr euch dann?

Lauda: Nirgends, jeder ist allein unterwegs.

Rindt: Fährt der Helmut Marko noch in der Formel V?

Jochen Rindt (1942 bis 1970): "a Wüda mit ana Nosn" und Mythenbildung fast wie bei James Dean, hier auf einer Aufnahme von 1970.
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Niki Lauda (1949 bis 2019) fasst sich im Bild von 1984, dem Jahr seines dritten und letzten WM-Titels, an die Nase, weil das Kapperl das Haupt bedeckt.
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Lauda: Da wäre er wohl der älteste weltweit. Er gewann nachher auf Porsche 917 die 24 Stunden von Le Mans, er hält den Rundenrekord auf der Targa Florio, leider verlor er beim Grand Prix von Frankreich 1972 ein Auge. In der Formel 1 ist er ein erfolgreicher Teamchef. Master Kurt Bergmann erzählt aber noch immer tolle Geschichten aus der Formel V, natürlich auch über dich.

Rindt: Interessant. Wie heißt denn das Team von Marko?

Lauda: Red Bull Racing.

Rindt: Red Bull? Was ist das?

Lauda: Mein Kollege als Mercedes-Teamchef, Toto Wolff – ein echter Wiener –, sagte, das sei eine Kracherl-Marke.

Rindt: Wieso macht sich das Sport-Toto im Grand-Prix-Sport wichtig? Und sag mal: Was macht Dieter Quester? Seine körperliche Fitness habe ich immer bewundert.

Lauda: Nicht mehr der Jüngste, er fährt aber noch immer couragiert die 24 Stunden von Daytona.

Rindt: Von hier oben bestaune ich die Festigkeit moderner Rennwagen. Mit 300 km/h in die Reifenstapel, aber der Fahrer steigt wie ein Stuntman grinsend aus dem Wrack. Wenn ich an meine Lotus-Schüssel denke, frisst mich der Neid! Der Colin Chapman ist auch bei uns, ich grüße ihn nicht.

Lauda: Sag, Jochen, welche Ziele hattest du für die Zeit nach Abschluss deiner aktiven Laufbahn gehabt?

Rindt: Bernie Ecclestone – "Eierstein", diesen Spitznamen gab ihm ein österreichischer Motorjournalist – als Grand-Prix-Chef zu beerben. Ich hörte, er lebt jetzt als Multimillionär in London, die Töchter geben sein Geld aus.

Lauda: Meine Leidenschaft galt nach dem Im-Kreis-Fahren der Fliegerei. Drei Airlines habe ich gegründet, zuletzt Lauda Motion, die habe ich an einen Irländer verkauft, aber mein Name fliegt noch immer um die Welt, hoffentlich noch lange.

Rindt: Meine Tochter Natascha wurde auch Pilotin, hast du das gewusst?

Lauda: Nein, aber was anderes: Das Fahrerlager und die Boxenstraße in der Formel 1 sind leider zu einem Sicherheitstrakt verkommen. Früher hatten wir alle gemeinsam eine Gaudi, meine erste Frau Marlene zum Beispiel bewirtete am Nürburgring in meinem Wohnwagen die österreichischen Journalisten, alles ging ohne Security. Heute ist die Formel 1 ja eine komplett geschlossene Welt mit nur wenigen ausgewählten Akteuren. Selbst drittklassige Fahrer aus dem hinteren Starterfeld kennen nur den Hubschrauber als Verkehrsmittel.

Rindt: Nina hat meine Zeiten auf der Boxenmauer sitzend brav gestoppt, manchmal etwas daneben, verlassen konnte man sich darauf nicht, die Nachbarbox von Jackie Stewart lieferte verlässlichere Zeiten. Aber was anderes: Bist du eigentlich auch Rallyes gefahren?

Lauda: Nicht richtig, nur einige Bergrennen im Mini Cooper und Porsche 911. Zu der Zeit warst du bereits unser Motorsportheld.

Rindt: Mit der Alfa Giulietta bin ich bei der Alpenfahrt 1962 nur 50 Kilometer weit gekommen, dann hat es mir in Bleiburg die Ölwanne abgerissen. Bereits in der Formel 1 überredeten mich Freunde, mit einem Alfa Spider die Rallye München-Wien-Budapest zu fahren. Es gab nur die Bronzemedaille, meine fesche Co-Pilotin verlor auf einer nächtlichen Etappe lange Zeit die Orientierung, deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Übrigens: Hast du jetzt etwas Zeit?

Lauda: Keine gescheite Frage. Was soll ich schon vorhaben?

Rindt: Wir haben hier eine tolle Rennstrecke, "Heaven Circuit". Drehen wir ein paar Runden? Aber eine kleine Warnung: Hier trainiert auch der Sohn des Chefs. Der ist auf jeden Fall immer schneller. (Peter Urbanek, 23.4.2020)