Anna Netrebko.

Foto: ORF

Auch TV lebt gegenwärtig im Ausnahmemodus. Die "ZiBs" sind überlang, die "Seitenblicke" sind verstummt, es dringen neue Konzertformate ins Bild – die Corona-Sessions. Im ORF-Sendesaal haben es sich dabei nur Buchstaben gemütlich gemacht. Pro Sitz ein Vertreter des Alphabets, der sich mit anderen zu "Wir spielen für Österreich" gruppiert.

Tenor Jonas Kaufmann sieht weder die Buchstaben noch das zum Streichquartett plus Klavier geschmolzene RSO Wien. Er besingt auf ORF 3 aus der Ferne wehmütig das Kleine Café in Hernals; Stimmfachkollege Piotr Beczała überwindet die Distanz schmetternd aus seinem polnischen Bauernhaus; Juan Diego Florez ist aber live dabei im leeren Saal wie auch Netrebko-Gatte Yusif Eyvazov und seine berühmte Anna.

Klingt alles so bekannt wie vorzüglich. Neu aber die Atmosphäre der Konzertform: Jene durch Applausabsenz entstehende Stille lässt eine Gedenkstunde für den bedrohten Kulturalltag entstehen. Und wenn Tomasz Konieczny nach sensibler Darbietung an die Lage freischaffender Sänger erinnert, denen alle Einnahmen wegbrechen, hat es etwas Warnendes, dessen Zeuge hoffentlich auch die Kulturpolitik war. (Ljubiša Tošić, 20.4.2020)