Gerald Fleischmann, der mächtige Medienbeauftragte von Kanzler Sebastian Kurz, meint im STANDARD-Interview: Die Krise habe "die Bedeutung des ORF noch einmal klar vor Augen geführt. Viele, die früher Sender verkaufen wollten oder den ORF zerschlagen, denken um." Solche Gedanken sollen auch Türkisen nicht fremd gewesen sein – früher.

Bundeskanzler Sebastian Kurz.
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Der ORF trägt "staatspolitische Verantwortung" (Fleischmann). Aber er muss nicht regierungsfromm sein. Die Regierung darf ihre Pressekonferenz-Hochämter im ORF feiern, nur sollten manche im ORF weniger den Ministranten geben – und etwa die Übertragungen abdrehen, wenn andere Medien Fragen stellen. Und führende ORFler sollten weniger ehrfürchtig fasziniert ihrem Job nachgehen. Müssen etwa manche Kommentare und Interviews von einer so quälenden Biederkeit sein?

Scharfes Fragen geht, wie Armin Wolf zeigte, als er den Kanzler nach der Verfassungsmäßigkeit von Corona-Verordnungen fragte und der seine diesbezügliche Verachtung für "juristische Spitzfindigkeiten" offenbarte.

Jetzt wäre es an der Zeit – auch für den ORF –, Sebastian Kurz zu fragen, was genau er mit "neuer Normalität" meint. Christian Rainer, Herausgeber des "Profil", hält das im Hinblick auf suspendierte Grundrechte für eine "gefährliche Drohung". Der ORF gehört zur kritischen Infrastruktur – aber in jeder Bedeutung von "kritisch". (Hans Rauscher, 20.4.2020)