Dass Not erfinderisch macht, zeigt die neueste Tourismusinitiative der abgelegenen Färöer-Insel, auf die sich manche wohl in Zeiten wie diesen sehnen. Echte Reiseleiter führen die Besucher im Internet durch die Landschaft und befolgen dabei die Kommandos, die sie in Echtzeit bekommen.

"Wenn Sie sie bitten, nach links zu gehen, dann gehen sie nach links. Wenn Sie sie bitten, zu springen, dann springen sie. Wenn Sie sie bitten, zu rennen, dann rennen sie", sagt der Sprecher der Tourismusbehörde, Levi Hanssen. Man könne diese Person steuern und selbst entscheiden, was man sehen wolle.

Wegen der Corona-Pandemie sind Touristen aufgerufen, mindestens bis Mai nicht in das halbautonome dänische Außengebiet zu kommen. Also hat sich der Tourismusverband etwas einfallen lassen.
Visit Faroe Islands

Die Reiseführer sind mit Helmkameras ausgestattet. Ihre virtuellen Touren sind gratis. Fast 50.000 Internetnutzer waren bei der ersten am vergangenen Mittwoch dabei. Kommandos geben dürfen sie abwechselnd für je eine Minute. Die Ersten, die sich registrieren, bekommen dabei den Zuschlag. Geben soll es das Angebot mindestens bis 25. April.

Wichtige Einnahmequelle

Natürlich gibt es auch Internetnutzer, die das Angebot missbrauchen oder sich einen Spaß daraus machen. Einer habe dem Reiseleiter das Kommando gegeben, ins Meer zu springen, sagt Hanssen. Das habe dieser aber dann nicht getan.

"Es ist sehr surreal, sich vorzustellen, dass man auf den Färöer-Inseln herumgeht und von jemandem auf seinem Sofa oder sogar auf der Toilette kontrolliert wird. Wer weiß, wo die gerade sind", sagt Hanssen.

Unberührte Natur und kaum Menschen zeichnen die abgeschiedenen Inseln aus.
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Wegen der Corona-Pandemie sind Touristen aufgerufen, mindestens bis Mai nicht in das halbautonome dänische Außengebiet zu kommen. Der Tourismussektor ist eine wichtige Einnahmequelle für die Färöer-Inseln. 2019 besuchten die Inselgruppe zwischen Schottland und Island rund 120.000 Menschen.

Pläne geplatzt

In diesem Jahr hätten sich die Tourismuseinnahmen auf diesen abgelegenen Nordatlantikinseln verdoppeln sollen. Das Coronavirus hat dies vereitelt. Laut Guðrið Højgaard, Direktor von Visit Faroe Islands, ist der ferngesteuerte Reiseführer "eine einzigartige Plattform, auf der isolierte Menschen einen Spaziergang durch unsere wilden Landschaften machen und ein Gefühl der Freiheit wiedererlangen können".

Die Guides können im Kajak, zu Pferd oder zu Fuß unterwegs sein.
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Højgaard hat in den letzten Jahren eine Reihe innovativer Marketingprogramme betreut. Im Jahr 2017 war es Sheep View, wo in einer gefälschten Version von Google Street View Kameras an einigen der 80.000 Schafe der Insel angebracht wurden.

Zwei Minuten Kontrolle

Letztes Jahr wurde bekanntgegeben, dass das Land für ein Wochenende wegen Wartungsarbeiten geschlossen und nur für 100 Personen geöffnet wird. Ausländische Freiwillige konnten auf die Inseln reisen, um Wege zu pflegen, Wegweiser und Aussichtspunkte zu errichten.

Die ferngesteuerten Färöer-Touren sind zunächst zweimal täglich online. Benutzer haben zwei Minuten Kontrolle über die Guides, die alle Englisch sprechen. Die Möglichkeit, einen Live-Streaming-Dienst reibungslos zu betreiben, hängt von der superschnellen Breitbandverbindung der Inseln ab, die fast das gesamte Gebiet abdeckt und dazu führt, dass die Internet-Download-Geschwindigkeiten trotz des entfernten Standorts schneller sind als beispielsweise in London. (max, dpa, 21.4.2020)