Die Gastronomie sperrt Mitte Mai wieder auf. Sperrstunde für die Gaststätten und Lokale ist dann um 23 Uhr.

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Wien – Am Dienstag gab die Bundesregierung via Pressekonferenz bekannt, wie das langsame Hochfahren des gesellschaftlichen Lebens in den nächsten Wochen aussehen wird. Zuvor zeichnete sie ein Bild der aktuellen Situation: Unverändert sei das Coronavirus eine "starke Belastung" weltweit, betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Neben "Krankheit, Leid und Tod" erlebe man auch die größte wirtschaftliche Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Handlungsmaxime, dass in Österreich niemand aufgrund mangelnder intensivmedizinischer Versorgung sterben solle, gelte auch weiterhin, betonte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).

Doch darauf folgte ein verhalten positiver Ausblick: Weil die Entwicklung gut sei und sich die Bevölkerung größtenteils an die verordneten Maßnahmen halte, könne man diese vorsichtig und schrittweise wieder lockern – und zwar in einem Rhythmus von zwei Wochen, damit man "jederzeit die Notbremse ziehen" könne.

Begründet wurden die Lockerungen etwa damit, dass die absoluten Zuwachszahlen an Neuerkrankungen seit drei Tagen nur mehr zweistellig seien. Bei der berühmten Reproduktionszahl R liege man ebenfalls gut: Der Faktor liege derzeit bei 0,67 – bei 1 würde ein Erkrankter einen weiteren anstecken. Bis dato gibt es 483 Todesfälle. "Jeder einzelne ist einer zu viel", sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Aber man könne "erkennen, dass wir relativ gut unterwegs sind". Die Zahl der aktiv Erkrankten bezifferte er mit 3.411. Davon befinden sich 756 Personen in Spitälern, davon wiederum 196 auf der Intensivstation. Diese Werte seien in den letzten Wochen "deutlich zurückgegangen."

"Keine tausend Ischgls" verstreuen

Das Motto der nächsten Wochen: so viel Freiheit wie möglich, so viel Einschränkung wie nötig. "Es wird nicht von heute auf morgen alles so werden, wie es einmal war", sagte Kurz. Eigenverantwortung werde immer wichtiger. Nicht nur der Kanzler betonte, dass man sich künftig an eine "neue Normalität" mit Hygiene- und Abstandsregeln werde gewöhnen müssen. Auch Kogler machte klar: "Normalität wird es nicht geben, solange uns dieses heimtückische Virus begleitet." Man wolle "sicher keine tausend Ischgls" über das Land verbreitet produzieren.

Mehrere Bereiche, darunter Geschäfte, einige Dienstleister und die Gastronomie, sollen im Mai stufenweise wieder öffnen (Details unten). Ab 15. Mai dürfen außerdem wieder Gottesdienste stattfinden. Welche Auflagen dann gelten, will Kultusministerin Susanne Raab (ÖVP) bald verkünden. Auch im öffentlichen Dienst soll es dann wieder Parteienverkehr geben. "Zu reden" werde außerdem noch über die Quadratmetervorgaben für die Kulturszene sein, sagte Kogler. Mitte Mai wolle man hierfür Lösungen präsentieren.

Zur Orientierung: Aktuell befinden wir uns in Phase 2, die das Land bis zur vollständigen Öffnung (Phase 4) laut Regierung durchlaufen wird. Die zweite Phase, und das habe er immer gesagt, werde "deutlich schwieriger" als die erste, betonte Gesundheitsminister Anschober. Denn für eine kontrollierte Öffnung gebe es keine Vorbilder.

Hoffnung auf Treffen mit Freunden und Familie

Die aktuellen Ausgangsbeschränkungen gelten noch bis Ende April. Dann sollen sie, nach einer Evaluierung der Zahlen, gelockert werden. Wie genau, dazu blieb die Regierung noch Antworten schuldig. Details sollen nächste Woche folgen. Nur so viel: Ab 1. Mai solle es wieder möglich sein, "über die Kernfamilie hinaus" zusammenzukommen. Damit dürften, vermutlich unter Auflagen, sowohl Treffen in der erweiterten Familie als auch im Freundeskreis möglich werden. 28.000 Personen haben sich bisher aus Sicht der Polizei nicht an die aktuellen Beschränkungen gehalten und kassierten eine Anzeige. Zusätzlich wurden gut 2.200 Organstrafmandate verhängt.

Auch die Opposition meldete sich angesichts der Nationalratssitzung am Mittwoch zu Wort: Zum einen will Rot-Blau-Pink einen Antrag zur Schulöffnung einbringen. Da dürfte die Regierung ohnehin denselben Plan verfolgen. Zudem besteht sie auf der Einsetzung eines Unterausschusses für die Vergabe der Hilfen für epidemiegebeutelte Unternehmen.

Gastro: Geöffnet auch am Abend

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Nun ist das, was sich bereits abgezeichnet hat, fix. Im Mai dürfen nicht nur sämtliche Geschäfte – auch solche mit einer Fläche von mehr als 400 Quadratmetern – wieder öffnen. Auch Cafés, Restaurants, Gasthäusern und anderen Lokalen ist es ab 15. Mai wieder erlaubt, ihre Gastgärten und Gaststuben für Besucher zu öffnen. Wie viele der 60.000 Gastronomiebetriebe tatsächlich aufsperren werden, hängt wohl von weiteren Details ab, die noch der Klärung bedürfen – zu subsumieren unter dem Titel Abstands- und Hygieneregeln. Häppchenweise in den nächsten Tagen, aber spätestens Ende April weiß man wohl mehr.

Wer nun eine Maske zu tragen hat, hat Kanzler Kurz am Montag geklärt: Mund-Nasen-Schutz habe nur das Personal zu tragen, eine Maskenpflicht für Gäste komme nicht. Womit die Frage wegfallen würde: Wer stellt die Masken bereit? So es so bleibt. Die Gewerkschaft Vida hat im Sinne des Schutzes der Beschäftigten vorgeschlagen, dass die Gäste beim Eintreten oder Verlassen eines Lokals oder beim Gang zur Toilette eine Maske tragen.

Ein Damoklesschwert hat Kurz ebenfalls bereits am Montag beiseitegeräumt. War ursprünglich befürchtet worden, die Betriebe müssten um 18 Uhr wieder zusperren, hieß es, das komme nicht. Womit die Regierung den Argumenten der Branche folgt, die davon ausgeht, dass sich ohne Mittags- und Abendgeschäft das Aufsperren nicht rentiere. Am Dienstag gab es nun das nächste Infohäppchen: Offen zu halten ist bis 23 Uhr erlaubt. Für Diskotheken gilt das nicht. Ab wann ein Absacker in einer Bar erlaubt sein wird, wird sich ebenfalls erst in den nächsten Tagen klären. (rebu)

Fußpfleger und Masseure dürfen öffnen

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Die Rücknahme des Lockdowns erfasst nach den kleinen Geschäften demnächst weitere Bereiche. Die sehnsüchtig erwartete Beendigung der Sperren kommt nun auch auf größere Händler sowie Dienstleister zu. Bereits mit 1. Mai oder feiertagsbedingt einen Tag später sollen sämtliche Geschäfte – also auch solche mit einer Fläche von mehr als 400 Quadratmetern und Einkaufszentren – öffnen dürfen. Das war zwar bisher schon bekannt, wurde am Dienstag aber von der Regierung bekräftigt. Dazu kommen Dienstleister wie Masseure, Fußpfleger und Friseure, die Anfang Mai eine verspätete Auferstehung feiern dürfen. Auch in diesen Bereichen gilt: Das Tragen von Mund-Nasen-Schutzmasken ist verpflichtend, selbstredend muss der Abstand von einem Meter gewahrt werden, wie Bundeskanzler Kurz betonte.

Die Ankündigungen dürften vor allem Masseure, Kosmetiker oder Fußpfleger aufatmen lassen. Denn im Unterschied zu den Friseuren waren diese Gruppen vor zwei Wochen nicht zu den Berufen gezählt worden, die mit Anfang Mai aufsperren dürfen. Das hatte für einige Kritik der betroffenen Branchen gesorgt, zumal die bessere Behandlung der Coiffeure nicht einsichtig erschien. Auf diese Einwände wurde nun offenbar eingegangen. Davor hatte sich die Regierung schon bei der ungleichen Öffnung des Handels einiges anhören müssen. Die größeren Geschäfte fühlten sich ungerecht behandelt, zumal es bei Gartencentern und Baumärkten keine Flächenlimitierung gibt. Die Vorwürfe der Ungleichbehandlung wurden und werden von namhaften Juristen geteilt. Es wurde auch schon von Schadenersatzansprüchen gesprochen. (red)

Urlaub in der Heimat

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Bis EU-Bürger ihre Reisefreiheit wieder voll und ganz genießen können, dürfte es noch ein wenig dauern. Kanzler Kurz betonte am Dienstag, man solle nicht frühzeitig damit rechnen. Als Erstes würden die Mitgliedsstaaten mit den Nachbarn Regelungen treffen. Das werde aber einige Zeit dauern und mit ständigem Blick auf die Infektionszahlen verbunden sein. Den Sommerurlaub soll man laut Kurz in Österreich verbringen.

Die EU-Kommission drängt in puncto Reisefreiheit auf ein koordiniertes Beenden der Kontrollen an den Binnengrenzen, sobald die epidemiologische Situation das erlaube, sagte eine Sprecherin zur APA. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hatte am Wochenende eine bilaterale Vereinbarung mit Deutschland angeregt, um deutschen Urlaubern die Einreise zu ermöglichen. (red)