Im Jahr 1995 konnten Astronomen zum ersten Mal einen Planeten außerhalb des Sonnensystems nachweisen. Michel Mayor und Didier Queloz erhielten für die Entdeckung des Exoplaneten 51 Pegasi b im Vorjahr den Physiknobelpreis. Seit der sensationellen Entdeckung sind 25 Jahre vergangen und der der Fund ferner Welten ist beinahe schon alltäglich geworden. Mit Stand heute kennen wir 4150 weitere Exoplaneten und tausende Kandidaten, die noch nicht einwandfrei klassifiziert werden konnten.

Der Großteil der bekannten Exoplaneten wurde indirekt nachgewiesen: durch Veränderungen des Sternenlichts oder die gravitativen Einflüsse des Planeten, wenn er an seiner Sonne vorbeizieht. In etwa 50 Fällen gelangen aber auch direkte Aufnahmen. Zum ersten Mal war im Jahr 2008 ein direkter Schnappschuss einer extrasolaren Welt veröffentlicht worden – mithilfe des Hubble-Weltraumteleskops: Aufnahmen aus den vorangegangenen Jahren zeigten den Planeten als hellen Lichtpunkt um den Stern Fomalhaut, der rund 25 Lichtjahre von der Sonne entfernt ist.

Was geschah im Fomalhaut-System?
NASA Video

Seltsames Verhalten

Fomalhaut b oder auch Dagon, wie die Welt genannt wurde, schien die dreifache Masse des Jupiters zu besitzen und erstaunte Astronomen mit seiner ungewöhnlichen Helligkeit. Eine Theorie besagte, der Planet könnte von einem Ring aus Eis und hellem Staub umgeben sein, der das Licht seines Sterns stark reflektiert. Jetzt warten Forscher im Fachjournal "PNAS" mit einer gänzlich anderen Erklärung auf: "Unsere Studie enthüllt mehrere Eigenschaften die das Bild ergeben, dass dort nie ein Planet existiert hat", sagt Erstautor András Gáspár von der University of Arizona. Stattdessen könnten wir es mit den Überresten einer Asteroidenkollision zutun haben, so der Wissenschafter.

Die Astronomen gehen davon aus, dass Hubble zum verspäteten Zeugen einer gewaltigen Kollision wurde.
Illustration: Esa/Nasa/M. Kornmesser

Gáspár suchte in den Hubble-Daten nach Aufnahmen des Fomalhaut-Systems über mehrere Jahre hinweg. Dabei zeigte sich ein merkwürdiges Bild: Der vermeintliche Planet erschien im Lauf der Jahre immer lichtschwächer, gleichzeitig aber größer – bis 2014 dann überhaupt kein Lichtpunkt mehr zu erkennen ist. Außerdem stimmte etwas nicht mit der Flugbahn von Fomalhaut b – sie entsprach nicht einem elliptischen planetaren Orbit, sondern schien ihn aus dem System hinauszukatapultieren. Was war geschehen?

Asteroidenkollision

Gemeinsam mit seinem Kollegen George Rieke spielte der Forscher in Simulationen mögliche Szenarien durch. Am ehesten sprechen die Daten für ein gewaltiges, seltenes Ereignis, das Hubble knapp verpasst hat: die Kollision zweier rund 200 Kilometer großer Asteroiden. "Solche Kollisionen sind äußerst selten und es ist aufregend, dass wir konkrete Hinweise auf so ein Ereignis haben", sagt Gáspár.

Entwicklung eines vermeintlichen Planeten.
Foto: Nasa/Esa/A. Gáspár/G. Rieke

Gewaltige Staubwolke

Statt eines Exoplaneten, so die Forscher, erblickte Hubble die expandierende Staubwolke kurz nach dem Zusammenprall der beiden Himmelskörper. Dieses Szenario würde die merkwürdigen Eigenheiten des "Planeten" erklären: Das Wachstum und das Verblassen des Objekts wären Folgen der raschen Ausbreitung der Staubwolke. Und auch die Flugbahn würde genau dazu passen, so Gáspár: "Eine neu entstandene Staubwolke würde, unter dem starken Strahlungsdruck des Zentralsterns Fomalhaut, auf so eine Bahn gelangen."

Sollten sich diese Ergebnisse bestätigen, hieße das aber nicht, dass es um Fomalhaut nicht doch Planeten geben könnte. Die Forscher hoffen, in Zukunft mit dem James-Webb-Weltraumteleskop direkt in die Umgebung dieses Sterns blicken zu können. Das wird allerdings noch dauern: Nach etlichen Verzögerungen ist auch der aktuelle Starttermin für das leistungsfähigste Weltraumteleskop aller Zeiten in Gefahr – durch die Corona-Krise gerieten die Vorbereitungen für den Start im kommenden Jahr ins Stocken. (David Rennert, 25.4.2020)