Speisekarton mit tagesfrisch gefüllter Pasta, dazu eine Salsa samt Garnitur: ein Take-away-Konzept für Fortgeschrittene.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Pasta zum Mitnehmen, das kann eigentlich gar nix. Manche Speisen sind nun einmal dafür gemacht, binnen Minuten (wenn nicht Sekunden) nach ihrer Fertigstellung genossen zu werden, andernfalls sie nur noch als Sättigung taugen – bei gleichzeitig harter Prüfung der Geschmacksnerven.

Aber es stimmt schon: Im Vergleich zu Pizza, dem Essen, das sich für Take-away am allerwenigsten eignet, kann man sich auch einen Teller lauwarmer, zu leimigem Wurli zusammengepappter Masse als Mahlzeit vorstellen.

Pasta im Restaurant war in unseren Breiten aber auch vor dem Lockdown schon ein Vabanquespiel. Selbst krisenfeste Antiköche haben die eine oder andere Pasta-Improvisation auf Lager, die geradezu italienisch anmutet im Vergleich zu dem, was auch namhafte Wirte unter diesem Namen zu servieren wagten.

Wenn also das Materia – ein intimes, vom salzburgisch-amatricianischen Spitzenkoch Stefano Patelli betriebenes Ristorante in Wien-Josefstadt – jetzt Pasta zum Mitnehmen anbietet, scheint deshalb aufs Erste Skepsis angebracht. Frisch gemachte Pasta ist noch fragiler als Pasta secca, ein Aufenthalt im Dampfbad des Transportgeschirrs – und seien es nur wenige Minuten – bedeutet den garantierten Tod als letscherte, übergarte Feuchtleiche.

Aber wer sollte das besser wissen als Patelli, dessen Pappardelle und Tortelli, Ravioli und Bottoncini vor der Krise zu den wenigen, wirklich souveränen Interpretationen des Themas in Wien zählen durften? Dementsprechend tappt er auch nicht in die Falle, sondern hat sich etwas überlegt.

Er rollt und füllt die Pasta tagsüber, fabriziert Füllungen und Sughi, auch diverse Garnituren. Die werden aber vor dem Abholen in Sackerl verschweißt, die Pasta ganz pur und roh dazugelegt. Dem Gast bleibt zu Hause nichts weiter zu tun, als der mitgelieferten Erklärung zu folgen: Pasta in kochendem Salzwasser für zwei Minuten garen, in der Zwischenzeit Sugo oder Salsa erwärmen, kurz durchschwenken und fertig.

Was soll man sagen: Besseres Take-away-Food lässt sich kaum vorstellen, wenn man bereit ist, ein paar Minuten Zeit und zwei Töpfe zu investieren. Patellis Ravioli zum Beispiel, mit nicht zu fein gehacktem Spinat und Ricotta gefüllt, in einer duftigen Paradeisersalsa: wolkengleiche Kissen aus hauchdünnem, festem Teig, zum Bersten gefüllt mit Kräutl und Käse, zart mineralisch, schmelzig, unglaublich gut.

Zabaglione di Carbonara

Oder Tagliatelle Carbonara, für die man sich abruzzesisch luftgetrocknete Sauwange ("Guanciale") knusprig brät, dann die gerade aufgewallte Pasta dazuschöpft und mit einer fixfertigen wie Zabaglione aufgeschlagenen Creme aus Dotter, Pastakochwasser und Pecorino vermengt: Carbonara direkt aus dem Paradies.

Tortelli alla vignerola, dazu im Extrasackerl, knackig blanchierter Spargel, Artischockenherzen und frisch ausgelöste Saubohnen der Extraklasse: Dauert fünf Minuten in der Vorbereitung, schmeckt locker nach zwei Sternen.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Oder Tortelli alla vignerola, gefüllt mit himmlisch flüssiger Farce aus Frühlingsgemüse und Pecorinocreme (explodieren im Mund wie Xiao Long Bao aus Schanghai!), dazu eine zarte Erbsencreme und, im Extrasackerl, knackig blanchierter Spargel, Artischockenherzen und, Gipfel der Frivolität, frisch ausgelöste Saubohnen der Extraklasse: Dauert fünf Minuten in der Vorbereitung, schmeckt locker nach zwei Sternen. Pappardelle mit Lamm-Ragù spielen ganz genauso in der Oberliga, die Nachspeisen (und da speziell die Bigné, mit Vanille gefüllte Brandteig-Schokokrapfen!) ebenso.

Zusatzfreude: die im Webshop als "Street Food" markierten Zucchiniblüten und Bollito-Kroketten. Die sollte man gleich nach Übernahme, sobald die Maske im Auto fallen darf, verputzen. Zum Fingerverbrennen knusprig! (Severin Corti, RONDO, 24.4.2020)

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