Autobahnüberwachungstechnik von Kapsch: Das Unternehmen hat in der Finanzkrise antizyklisch investiert.

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Viele Unternehmen würden in Zeiten der Krise dazu tendieren, weniger in Forschung und Entwicklung (F&E) zu investieren, und verschieben daher geplante Innovationsaktivitäten. Das sei aber der verkehrte Weg, denn innovative Firmen kämen letztendlich besser durch wirtschaftlich angespannte Zeiten als andere.

Zu diesem Schluss kommen Forscher des Austrian Institute of Technology (AIT) und des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in einer gemeinsamen Analyse.

Es brauche vor allem direkte Finanzierungsinstrumente, sagt Bernhard Dachs, Innovationsökonom am AIT in Wien. Diese Töpfe seien in Österreich gut gefüllt, wie er betont, man müsse aber vermutlich kommunizieren, dass die Förderung der angewandten Forschung auch in der gegenwärtigen Corona-Krise bestehen bleibe. Dachs verweist unter anderem auf die Programme der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).

Die indirekte Förderung über die Forschungsprämie sei in der Krise keine unmittelbare Hilfestellung, denn sie wird erst nach dem Forschungsprojekt ausbezahlt, nicht bei Beginn wie die direkte Förderung. Sie liegt derzeit bei 14 Prozent der Ausgaben für F&E und wird vor allem von größeren Unternehmen in Anspruch genommen, sagt Dachs.

Liquiditätsengpässe überwinden

Gemeinsam mit Bettina Peters vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung kommt der Wissenschafter zum Schluss, dass die Förderung hilft, Liquiditätsengpässe für Innovationsprojekte zu überwinden, was besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen wichtig sei. Es gibt aber eine deutliche Einschränkung: Wegen der Corona-Maßnahmen sei es deutlich schwieriger als in bisherigen Rezessionen, innovativ zu bleiben.

Zwar gebe das Homeoffice mehr Zeit für kreative Lösungen, jedoch fehlten möglicherweise Hilfsmittel wie Anlagen, Forschungsmaterialien und Labore sowie die Kooperationspartner an Universitäten, Fachhochschulen und in anderen Unternehmen. "Innovation ist das Ergebnis der Zusammenarbeit mit externen Partnern, von denen viele derzeit nur eingeschränkt verfügbar sind", sagen die Forscher. Das unterscheide die aktuelle Rezession deutlich von früheren.

Viele Unternehmer stünden in gemeinsamen Projekten vor dem Problem, von den Unis keine Daten zu erhalten. Forschungsinstitutionen berichten aber auch von Unternehmen, die notwendige Zwischenergebnisse aufgrund der derzeitigen Einschränkungen nicht liefern können.

In der Finanzkrise 2008/09 hätten die Branchen Pharma, Auto und Elektronik ihre F&E-Ausgaben um mehr als zehn Prozent gekürzt. Einige Unternehmen haben sich vom "Runterfahren" nie erholt und sind mittlerweile geschlossen. Andere hätten gerade in der Krise Geld in Innovationen gesteckt, was sich gelohnt habe.

Das Lichttechnikunternehmen Zumtobel, die Technologiekonzerne Kapsch und Frequentis, der Motorradhersteller KTM und der Pharmariese Boehringer Ingelheim sind nur einige Beispiele von Unternehmen, die der Finanzkrise antizyklisch begegneten.

Verluste kompensieren

"Nur wenn Unternehmen neue Produkte am Markt einführen, können sie Verluste aus den Nachfrageeinbrüchen bei alten Produkten während einer Krise kompensieren", meinen Dachs und Peters. Innovative Firmen seien deutlich widerstandsfähiger. Dachs und Peters sind überzeugt, dass es auch in der aktuellen Corona-Krise Unternehmen gebe, die trotz der Krise Innovationen entwickeln, vielfach aus wirtschaftlicher Not heraus.

"Innovation heißt, Probleme zu lösen, und tatsächlich sind viele Unternehmen durch die Krise gezwungen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln." Als Beispiel führen sie digitale Onlineaktivitäten und Zustelldienste im Handel und in der Gastronomie an. "Die Reaktionen auf Covid-19 werden auch in anderen, unerwarteten Bereichen Innovationen hervorbringen."

Auf die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) verwies am Montag auch der Verein Respact, der Unternehmen bei Nachhaltigkeit unterstützt. Resilienz und Nachhaltigkeit seien zwei Seiten derselben Medaille, wie sich jetzt in der Coronakrise besonders deutlich zeige: einerseits die Risiken globaler Liefer- und Leistungsketten, andererseits die Stärken regional ausgerichteter Geschäftsmodelle.

Die Regierung solle es fördern, wenn Unternehmen Nachhaltigkeit in ihre Strategie aufnehmen. "Zukunftsweisende Innovationen beispielsweise in der Braubranche, Verpackungsindustrie oder Umwelttechnologie würden nicht nur den Wirtschaftsstandort Österreich, sondern das Leben vielerorts auf dieser Welt nachhaltig stärken", so Peter Giffinger, Respact-Präsident und Österreich-Chef des Baustoffkonzerns Saint-Gobain. (red, 5.5.2020)