Birgit Hebein fordert, dass besonders von der Krise betroffenen Selbstständigen "unbürokratisch" geholfen wird.

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Wien – Die "erste Etappe der Akutphase" in der Coronavirus-Krise hat Österreich im Allgemeinen und Wien im Speziellen "gemeinsam gut überstanden". Das sagte Wiens Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne) am Dienstag im Gespräch mit dem STANDARD. "Das Gesundheitswesen ist stabil. Wir haben genug Kapazitäten an Intensivbetten und können die schrittweise Öffnung gut mittragen." Das habe man einerseits den "sehr rigorosen Maßnahmen" und andererseits der Mitwirkung der Bevölkerung zu verdanken.

Im zweiten Schritt gehe es aber darum, von der Krise besonders schwer getroffene Personengruppen "schneller und unbürokratischer" zu unterstützen. Hebein: "Wir haben Lücken in den Maßnahmen, die gesetzt worden sind. Das bereitet mir große Sorgen." Konkret fordert die Grüne einen leichteren Zugang zum Härtefallfonds der Regierung. Dieser ist als Soforthilfe für Selbstständige gedacht. In einer ersten Phase waren Soforthilfen bis zu 1.000 Euro möglich. In einer zweiten Phase, die Montag startete, stehen bis zu 2.000 Euro drei Monate lang zur Verfügung – also insgesamt bis zu 6.000 Euro.

Die Voraussetzung zum Antrag via Website der Wirtschaftskammer ist trotz Lockerung der Anspruchskriterien aber weiterhin eine österreichische Steuernummer. Laut Hebein gibt es aber auch zahlreiche Vollerwerbsunternehmerinnen und -unternehmer, "die so wenig verdienen, dass sie keine Steuernummer haben, weil sie nicht einkommenssteuerpflichtig sind". Das sind weniger als 11.000 Euro pro Jahr.

Hebein geht von 30.000 bis 50.000 Betroffenen in Österreich aus. Kleinunternehmerinnen und -unternehmer unter dieser Grenze müssten für 2019 noch eine Einkommensteuererklärung einreichen, um anspruchsberechtigt zu werden.

Betroffene Pflegerinnen

Besonders pikant ist die Situation für dringend benötigte internationale 24-Stunden-Pflegekräfte, die als Selbstständige in Österreich tätig sind, aber aufgrund der Restriktionen im Ausland festsitzen und derzeit nichts verdienen. Sie kommen zwar für den Härtefallfonds infrage. Allerdings haben viele von ihnen keine österreichische Steuernummer, einige verfügen über kein österreichisches Konto. Beides sind laut Hebein Voraussetzungen.

Harald Janisch, Obmann der Fachgruppe Personenberatung und Personenbetreuung in der Wiener Wirtschaftskammer, schätzt, "dass mindestens 6.000 Personenbetreuerinnen in Wien über keine Steuernummer verfügen". Dazu kämen weitere, die keine österreichische Bankverbindung haben. "In der Regel bekommen sie rund 1.000 Euro für einen Zwei-Wochen-Turnus." Hebein sieht jene Menschen benachteiligt, die "schon bei der Neuregelung der Familienbeihilfe ungerecht behandelt worden sind".

Verzögerung bei 500-Euro-Bonus für Pflegerinnen in Wien

Anfang April haben sich Bund und Länder – einen drohenden Pflegeengpass vor Augen – darauf geeinigt, 24-Stunden-Pflegekräfte mit einem Bonus von 500 Euro zu entlohnen, wenn sie ihren Turnus um zumindest vier weitere Wochen in Österreich verlängern und nicht zurück in ihre Heimatländer fahren. In Wien läuft die Auszahlung über die Wirtschaftskammer.

Anders als in anderen Bundesländern wie Oberösterreich oder der Steiermark sind die Antragsformulare in Wien aber noch nicht verfügbar, wie im Büro von Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) bestätigt wird. "Es laufen noch Detailgespräche mit dem Sozialministerium. Aber es wird bald so weit sein", heißt es. In der Wirtschaftskammer wäre man bereit: "Wir warten auf das Go der Stadtregierung." (David Krutzler, 21.4.2020)