Es ist ein böses Spiel, das mit den vielschichtigen Mitteln der Ministerialjuristerei ausgefochten wird: Offen will man sich im türkis geführten Innenressort nicht dem Vorwurf aussetzen, an den Grenzen Asylsuchende am Stellen eines Schutzantrags zu hindern, indem man bei ihnen auf der Vorlage eines Gesundheitszeugnisses besteht– was diese sicher nicht mit sich führen.

Man lässt die Grenzpolizei voll im Regen stehen.
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Also vertritt man eine entsprechende "Rechtsmeinung" und fügt ihr nach tagelangem grünem Betreiben einen der klaren Abweisungsabsicht widersprechenden Satz hinzu. Dann verschickt man diese Mischkulanz auf dem internen Erlassweg an alle zuständigen Stellen – und lässt damit die Grenzpolizei voll im Regen stehen.

Denn was sollen diese Praktiker der exekutiven Seuchenvorsorge denn nun tun, sollten sie im Zuge einer Grenzkontrolle tatsächlich mit einer schutzsuchenden syrischen Familie konfrontiert sein, die es allen widrigen Umständen zum Trotz quer durch Europa geschafft hat? Sollen sie der sinngemäßen "Rechtsmeinung" folgen? Oder doch dem eingefügten knappen Rekurs auf das internationale Asylrecht, auf dessen Einhaltung auch in Zeiten der Coronavirus-Pandemie zuletzt die EU-Kommission alle Unionsmitgliedsstaaten eingeschworen hat?

Das ist schlimmer Murks, der rasch beseitigt werden muss. Er macht deutlich, wie dringlich die verfassungsrechtliche Überprüfung der Anti-Corona-Maßnahmen ist. (Irene Brickner, 21.4.2020)