Hoffentlich passiert´s nicht – aber wenn, dann besteht jetzt eindeutigere Leistungsverpflichtung der Versicherung.

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Ein Großteil der Bevölkerung arbeitet seit Wochen von zu Hause aus. Diesbezüglich stellt sich die Frage, wie Unfälle im Homeoffice rechtlich zu behandeln sind.Vorweg muss mit einem weitverbreiteten Missverständnis aufgeräumt werden: Natürlich sind Arbeitnehmer auch im Homeoffice dahingehend abgesichert, dass ihnen im Falle einer unfall- oder krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit weiterhin ein Anspruch auf die gesetzliche Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber zusteht.

Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einen Unfall im Homeoffice zurückzuführen ist, jedoch sind Arbeitsunfälle im Bereich der Entgeltfortzahlung insofern privilegiert, als bei Arbeitsunfällen separate Ansprüche auf Entgeltfortzahlung pro Anlassfall bestehen. Auch sozialversicherungsrechtlich ist die Unterscheidung, ob ein Arbeitsunfall vorliegt oder nicht, von besonderer Bedeutung, zumal der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung nur bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten besteht.

Was neu ist

Bei einem "Freizeitunfall" wird nämlich die Unfallversicherung nicht leistungspflichtig, sondern nur die Krankenversicherung. Damit hat der Verunglückte beim Freizeitunfall keinen Anspruch auf Renten bei einer längerfristigen Verminderung der Arbeitsfähigkeit, bei einem Arbeitsunfall hingegen schon. Unter Arbeitsunfällen versteht man Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der Arbeitsbeschäftigung ereignen. Bis zum Ausbruch der Covid-19-Pandemie gab es jedoch keine Sonderregelungen für den Unfallversicherungsschutz im Homeoffice, weshalb sich zum Teil schwierige Abgrenzungsfragen gestellt haben. Tatsächlich konnten (und können) auch Unfälle im Homeoffice Arbeitsunfälle sein.

Die Rechtsprechung hat bei der Beurteilung, ob ein Arbeitsunfall vorliegt oder nicht, bislang danach unterschieden, wo genau im Homeoffice sich der Unfall ereignet hat. Ein Arbeitsunfall lag demnach vor, wenn sich der Unfall in einem "wesentlich betrieblichen Zwecken dienenden Teil des Gebäudes" ereignet, der "nicht mehr zu den ausschließlich dem persönlichen Lebensbereich" des Arbeitnehmers zuzurechnenden Teilen der Wohnung gehört.

Egal, wo daheim es passiert

So hat der OGH etwa einen Vorfall als Arbeitsunfall qualifiziert, bei dem sich ein Arbeitnehmer am Rückweg von der Toilette auf einer Holztreppe verletzte, die überwiegend dazu benützt wurde, um den Arbeitsplatz im Homeoffice zu erreichen. In vielen Fällen hat diese Abgrenzung dazu geführt, dass das Vorliegen eines Arbeitsunfalles verneint wurde, insbesondere wenn sich der der Unfall in einem Bereich ereignet hat, der überwiegend privat benützt wird. So wäre etwa ein Unfall auf der Toilette selbst kein Arbeitsunfall gewesen. Nach Ansicht des Gesetzgebers waren diese strengen Abgrenzungskriterien im Zusammenhang mit "verordnetem" Homeoffice während der Corona-Krise unzumutbar, weswegen nun mit dem 3. Covid-19-Gesetz festgelegt wurde, dass für die Dauer der von der Regierung auf Grundlage des Covid-19-Maßnahmengesetzes erlassenen Schutzmaßnahmen Arbeitsunfälle auch Unfälle sind, die sich im zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der Arbeit im Homeoffice ereignen.

Damit ist (vorübergehend) gesetzlich klargestellt, dass jegliche Unfälle im Homeoffice vom Unfallversicherungsschutz erfasst sind, die in einem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit während der Arbeitszeit stehen. Der Aufenthaltsort des Arbeitnehmers wird somit zum Betriebsort und Unfälle gelten als Arbeitsunfälle, unabhängig davon, ob sie sich in einem abgegrenzten Arbeitszimmer ereignet haben oder nicht. Die wesentliche Privatnutzung von Räumen, in denen während der Krise auch gearbeitet wird, schließt einen Arbeitsunfall nicht mehr aus.

Zeitlich begrenzt

Rein "private" Unfälle, wie z.B. im Badezimmer außerhalb der Arbeitszeit, gelten jedoch weiterhin nicht als Arbeitsunfälle im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen. Die genannten Regelungen sind rückwirkend mit 11.3.2020 in Kraft getreten und sollen bis Ende des Jahres gelten. Das neue Gesetz soll jedoch ausdrücklich nur für die derzeitige besondere Situation im Arbeitsleben zur Anwendung kommen und daher ausschließlich jenen Zeitraum regeln, in dem besondere Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus aufrecht sind. Dann werden wieder die ursprünglichen Regelungen in Kraft treten. (Oliver Walter, 22.4.2020)