Abstandsregeln gelten für Vierbeiner ebensowenig wie Ausgangsbeschränkungen.

Sie sind die ideale Legitimation für Spaziergänge. Mit zwei Kötern an der Leine geht dich kein Polizist ungut an, und auch sonst fragt dich niemand, warum du dich im Arsenal herumtreibst oder im Park beim 21er-Haus – während der Rest der Menschheit wegen der Ausgangsbeschränkungen zu Hause hocken muss.

Das ist komfortabel, wenn auch ungewohnt – nicht nur für unsere zwei kalabresischen Mischlingshunde. Sie konnten es vor mehr als vier Wochen kaum fassen, dass ihr Frauerl in Heimarbeit am Couchtisch vor dem Laptop sitzt und telefoniert und tippt und Kaffee trinkt – und nicht aus dem Haus geht.

Für Vierbeiner gibt es keine Verpflichtung zum Abstandhalten.

Bedurfte es früher beruhigenden Zuredens oder, noch besser, eines Wurstradels, um sie vom Mitgehen abzuhalten, wenn ich das Haus verließ, so ist es jetzt umgekehrt. Sie hocken – stur wie ein Steyr-Traktor – auf dem Teppich und stellen sich taub, wenn das Herrchen zum Gassigehen ruft, während ich mich durch Kurzarbeitsrichtlinien wühle, Mailanfragen stelle oder versuche, Ansprechpartner zu erreichen, ehe diese in Telekonferenzen verschwinden.

Couchpotatoes

Wer glaubt, an den langen Homeoffice-Tagen wäre wenigstens ein Mittagsschläfchen drin? Weit gefehlt! Vom Sofa haben mich unsere zwei Kalabrien-Importe längst vertrieben. Dort machen sie sich bevorzugt breit, während im Fernsehen erschütternde Bilder aus Bergamo laufen oder von überfüllten Flüchtlingslagern auf Mittelmeerinseln. Manchmal erwecken sie den Eindruck, als wären sie des Italienischen mächtig. Dann heben sie ihre Köpfe und blicken besorgt auf das bel paese im Fernseher.

Das Ledersofa haben die aus Kalabrien eingeschleusten Hunde Pipsi und Bruno längst okkupiert.
Fotos: ung

Wie tausende Wiener Hunde mit Migrationshintergrund hatten sie Glück. Von uns Schleppern im Auto nach Wien gekarrt, landeten Pipsi und Bruno im Luxus, mussten nicht im Schlauchboot übers Meer – während tausende Kinder und Jugendliche ohne Chance auf Asyl unter katastrophalen humanitären Bedingungen ums Überleben kämpfen. (Luise Ungerboeck, 22.4.2020)