Trimeresurus salazar ist eine Baumbewohnerin und Angehörige einer artenreichen Familie giftiger Reptilien.
Foto: Aamod Zambre und Chintan Seth, Eaglenest Biodiversity Project

Ein Forscherteam ist im indischen Himalaya-Bundesstaat Arunachal Pradesh auf eine ebenso giftige wie giftgrüne Schlange gestoßen, die der Wissenschaft bislang nicht bekannt war. Die Spezies, die zur artenreichen Gruppe der Grubenottern und darin zu den Bambusottern gehört, erhielt die Bezeichnung Trimeresurus salazar. Trimesurus lautet die schon vor über 200 Jahren eingeführte lateinische Bezeichnung der Grubenottern, salazar wiederum ist eine Reverenz an "Harry Potter".

Fiktion ...

Denn die Entdecker der Schlange, ein Team aus mehreren indischen Forschungsinstituten, meinten nicht irgendeinen Salazar, sondern Salazar Slytherin. Für alle, die mit der "Harry Potter"-Mythologie nicht vertraut sind: In den Büchern J. K. Rowlings war Salazar Slytherin einer der Gründer der Zaubererschule Hogwarts. Eines der vier "Häuser", denen neuaufgenommene Schüler zugeteilt werden, trägt seinen Namen. Zugleich ist es das Haus mit dem schlechtesten Ruf – wozu auch der Umstand beitrug, dass sich Slytherin mit Schlangen abgab, die in den "Harry Potter"-Romanen zumeist in einen negativen Kontext gestellt werden.

Rowling transportierte damit einige alte Klischees zu dieser Tiergruppe. Allerdings muss man auch sagen, dass Grubenottern nicht sonderlich dazu angetan sind, den Ruf von Schlangen zu verbessern. Alle Angehörigen dieser in Asien und den Amerikas weitverbreiteten Gruppe sind giftig, viele davon können auch einem unvorsichtigen Menschen gefährlich werden – etwa ihre bekanntesten Vertreter, die nordamerikanischen Klapperschlangen. Unser Kontinent ist weitestgehend grubenotternfrei, nur im äußersten Osten des europäischen Teils von Russland findet man die Halysotter.

... und Realität

Ihren Namen haben Grubenottern nicht von einem bevorzugten Aufenthaltsort, sondern von den sogenannten Grubenorganen. Diese liegen in Vertiefungen zwischen Augen und Nasenlöchern und sind infrarotempfindlich. Sie ermöglichen der Schlange, die Wärmestrahlung von Beutetieren wie Vögeln oder Säugetieren wahrzunehmen.

Grubenottern haben eine Reihe verschiedener Lebensräume besiedelt, Bambusottern wie das nun entdeckte Tier leben und jagen bevorzugt auf Bäumen. Ihre grüne Färbung dürfte eine Anpassung an das Leben zwischen Blättern sein, macht die etwa vier Dutzend verschiedenen Arten aber auch schwer voneinander unterscheidbar. Die neue Spezies konnten die Forscher um Zeeshan Mirza vom Nationalen Zentrum für biologische Wissenschaft in Bengaluru nur anhand eines orangeroten Streifens identifizieren, der sich am Körper der männlichen Exemplare entlangzieht.

Die Schlange aus dem Haus Slytherin war nicht die erste neue Art, die die Forscher auf ihrer Expedition durch Arunachal Pradesh entdeckten. Mirza und seine Kollegen weisen darauf hin, dass es sich bei der Himalaya-Region um einen Hotspot der Artenvielfalt handle – und zwar um einen bislang unzureichend dokumentierten. Flora und Fauna der Region dürften noch jede Menge weiterer Entdeckungen bereithalten. (jdo, 23.4.2020)