Vorbereitungen für den Ramadan in Kairo – der Fastenmonat ist nicht nur ein religiöser, sondern auch ein sozialer Fixpunkt im Leben vieler Muslime.
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Fast ein Viertel der Weltbevölkerung gehört zumindest nominell den verschiedenen Strömungen des Islam an – und für die Gläubigen unter ihnen beginnt am Donnerstagabend der Fastenmonat Ramadan. Allerdings ist das ein errechnetes Datum: Der Beginn wird noch immer gemäß der Sichtung des Neumonds durch die religiösen Autoritäten gemeldet.

Der muslimische Kalender ist ein Mondkalender, das heißt, dass sich der Ramadan durch die Jahreszeiten und den gregorianischen Kalender bewegt. Das vorgeschriebene Totalfasten für gesunde Erwachsene – es inkludiert Trinken, Rauchen und Geschlechtsverkehr – wird umso härter, wenn der Ramadan in den Sommer, mit heißen Temperaturen und langen Tagen, fällt.

Das Fasten wird für viele Muslime und Musliminnen jedoch heuer deshalb schwerer sein als gewöhnlich, weil sie durch Corona um einen wichtigen Bestandteil des Ramadan betrogen werden, das religiöse und soziale Gemeinschaftserlebnis nach dem täglichen Fastenende.

Zu Hause beten

Das Konzept, dass ein Gemeinschaftsgebet in der Moschee "besser" ist als ein allein ausgeführtes, versuchen islamische Behörden weltweit bereits seit Beginn der Corona-Krise außer Kraft zu setzen: Die Muezzins rufen in manchen Ländern die Gläubigen nicht mehr auf, zum Gebet zu kommen, sondern zu Hause zu beten. Für Sunniten gibt es im Ramadan aber noch dazu die speziellen Nachtgebete, Tarawih, in den Moscheen. Wie schwer man sich damit tut, diese Tradition zu brechen, zeigt, dass in Saudi-Arabien, das sonst sehr strenge Corona-Vorschriften hat, die zwei Hauptmoscheen in Mekka und Medina für die Tarawih-Gebete geöffnet werden – in reduzierter Form. Pilger kommen momentan ohnehin keine.

In Jerusalem bleibt der Al-Aqsa-Komplex, die drittheiligste Stätte im Islam, hingegen vorläufig gesperrt. Das gilt auch für andere Moscheen weltweit. Viele haben Veranstaltungen schon in den vergangenen Wochen ins Internet verlegt und bieten im Ramadan spezielle Programme und religiöse "Webinars" an. Es gibt jedoch auch Ausnahmen: In Pakistan etwa sind die Behörden teilweise dem Druck religiöser Fundamentalisten erlegen und haben die Moscheen nicht geschlossen.

Essen für die Armen

Aber Fasten und Beten ist nicht alles im Ramadan. Das Fastenbrechen (Iftar) wird traditionell im größeren Familienverband oder mit Freunden gefeiert. Außerdem spielen karitative Veranstaltungen eine besondere Rolle: Das Spenden ist im Islam genauso eine religiöse Pflicht wie das Fasten. In vielen Ländern werden von den Moscheen auf den Straßen lange Tische aufgestellt, an denen vor allem Ärmere verköstigt werden. Da vielen von ihnen mit den Ausgangsbeschränkungen wegen des Coronavirus die Einkünfte weggebrochen sind, wäre der Bedarf dieses Jahr größer denn je. Er wird durch die Ausgabe von Essenspaketen nicht gedeckt werden können, zumal in armen Gebieten, wie etwa im Gazastreifen, auch die jährlichen Hilfslieferungen aus dem Ausland eingebrochen sind. Außerdem sind mancherorts gerade die billigen Grundnahrungsmittel knapp.

Manche Länder – auch Saudi-Arabien – verschieben die Ausgangssperren etwas nach hinten, damit man nach dem Sonnenuntergang – an dem das Fasten endet – wenigstens noch einkaufen gehen kann. Aber die Ramadan-Nächte, die mit dem Sahur, dem Mal vor Sonnenaufgang, enden, werden zum Großteil zu Hause verbracht werden müssen. Manche hoffen auf eine Lockerung gegen Ende des Ramadans, dessen wichtigste Zeit. Aber auch das Eid al-Fitr, das auf den Ramadan folgende Fest des Fastenbrechens, wird in den meisten Weltgegenden ohne die üblichen Verwandtschaftsbesuche begangen werden.

Leidende Soap-Industrie

Die Hotels und Restaurants, die im Ramadan für Iftar-Veranstaltungen gebucht werden, leiden ebenso unter der Krise. Neben dem Essen – der Lebensmittelverbrauch steigt während des Ramadans in islamischen Ländern stark an – gibt es auch noch andere weltliche Vergnügungen. In den vergangenen Jahren hat sich eine TV-Serien-Industrie etabliert, die speziell für diesen Zeitraum produziert – und zwar sehr kurzfristig.

Das hat dazu geführt, dass ein Teil der Serien bei Ausbruch der Corona-Krise noch nicht abgedreht war. In Ägypten und in den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde teilweise weitergearbeitet, mit großen Einschränkungen. Das heißt, nicht einmal das Soap-Opera-Angebot wird im heurigen Ramadan so sein wie sonst. (Gudrun Harrer, 22.4.2020)