Er gilt als mächtigster Beamter im Justizministerium und als nicht unumstritten: Strafsektionschef Christian Pilnacek.

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Wien – Die Causa Wiener Stadterweiterungsfonds, in der neben dem Fondschef drei ÖVP-nahe (Ex-)Sektionschefs des Innenministeriums angeklagt sind, Spenden satzungswidrig vergeben zu haben, bewegt die Gemüter nach wie vor. Und sie nun hat dem Strafsektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek, eine anonyme Anzeige eingebracht.

Die Ermittlungen zur Causa haben wie oft berichtet sechs Jahre gedauert, Kritiker führen das auf justizinterne Verzögerungen zurück. In der Anzeige an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wird der Verdacht geäußert, Pilnacek habe "im Rahmen der Bearbeitung eines WKStA-Vorhabensberichts von Juli 2015 Amtsmissbrauch begangen". Die Anzeiger berufen sich u. a. auf Informationen von "derzeit anonym bleibenden Mitarbeitern" der von Pilnacek geleiteten Sektion IV im Justizministerium.

Verzögerung

Kurz der Vorwurf: Der Sektionschef habe im Rahmen der Bearbeitung des Vorhabensberichts der WKStA (Anklagen und Teileinstellungen) "ergänzende Vernehmungen" von Beschuldigten beauftragen lassen. In den Augen der Anzeiger seien die "unnotwendig" gewesen und hätten dazu gedient, Zeit zu gewinnen. 22 Monate seien so verloren gegangen, heißt es in der Anzeige sinngemäß.

Pilnacek wies derartige Interpretationen schon im Juli 2019 im STANDARD zurück, als er sagte, die Beschuldigten hätten das ihnen zustehende Recht zugesprochen bekommen, ausreichend Stellung zu nehmen. Zudem habe der Weisungsrat dem Vorgehen zugestimmt. Laut den Anzeigern, die auch darauf eingehen, eine "Scheinbegründung".

Weisungsrat sah es auch so

Am Mittwoch wollte Pilnacek keine Stellungnahme zu dem "haltlosen Vorwurf" geben, er verwies auf eine parlamentarische Anfragebeantwortung des damaligen Justizministers Clemens Jabloner zum Thema. Auch er antwortete der Liste Pilz im vorigen Oktober sinngemäß, dass der Weisungsrat "ergänzende Ermittlungen" (also neuerliche Einvernahmen der Beschuldigten) befürwortet habe.

Die Frage, warum ein Oberstaatsanwalt die Causa 2016 überhaupt ganz einstellen wollte (dazu kam es auf Weisung nicht), ist im Nachhinein kaum zu klären; die Causa sei schwierig und komplex gewesen, ließ der Jurist den STANDARD im Herbst wissen. Die damalige Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien und heutige OGH-Vizechefin Eva Marek (mit einem hohen Beamten im Innenministerium verheiratet), betont, sie sei in der Causa damals nicht aktiv geworden.

Pilnacek ist in der Justiz nicht unumstritten, das Klima zwischen ihm und vor allem der WKStA ist seit dem Streit um das Eurofighter-Verfahren im Vorjahr eiskalt. Zur Erinnerung: In einer Dienstbesprechung am 1. April des Vorjahres mit der Korruptionsstaatsanwälten zur Causa riet der Sektionschef den weisungsgebundenen Staatsanwälten "Daschlagts es", gegenseitige Anzeigen (eingestellt) waren die Folge. Die Streitparteien mussten zum Mediator, viel genützt haben soll das aber nicht.

Jetzt steht Pilnaceks Sektionschef-Vertrag zur Verlängerung an, sein aktueller läuft Ende August aus. (gra, 22.4.2020)