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Der deutsche Autobauer Daimler muss wegen der Coronavirus-Pandemie einen deutlichen Gewinneinbruch hinnehmen.

Foto: REUTERS/Andreas Gebert

Stuttgart – Die Corona-Krise hat beim deutschen Autobauer Daimler im ersten Quartal zu einem Gewinneinbruch geführt und macht eine genaue Prognose für das Gesamtjahr unmöglich. Von Jänner bis März brach das Ergebnis vor Zinsen und Steuern um 78 Prozent auf 617 Millionen Euro ein, gab der Dax-Konzern in der Nacht auf Donnerstag in einer Pflichtmitteilung bekannt.

Den ursprünglichen Jahresausblick kippte Daimler, nachdem das Unternehmen schon Mitte März auf die nicht absehbaren wirtschaftlichen Folgen der Viruspandemie hingewiesen hatte. Die Auswirkungen auf Nachfrage, Lieferketten und Produktion könnten nicht sicher und detailliert eingeschätzt werden. Der Konzern gehe aber davon aus, dass Absatz, Umsatz und operatives Ergebnis heuer jeweils unter Vorjahresniveau liegen werden.

Autobranche hart getroffen

Die Autobranche trifft die weltweite Krise hart: Die Produktion musste zuerst im Corona-Ursprungsland China, dem wichtigsten Markt aller deutscher Hersteller, wochenlang stillstehen. In Europa und den USA wurden die Bänder seit der letzten März-Woche angehalten, um die Arbeiter keinem Ansteckungsrisiko auszusetzen und vor allem, weil die Nachfrage eingebrochen ist und die Autohäuser schließen mussten.

Vorige Woche hatte bereits Volkswagen seine Jahresprognose gekippt. Der Betriebsgewinn sackte im ersten Quartal auf 900 Millionen Euro im Vergleich zu 4,8 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. VW führte neben Produktionsstopp und fehlender Nachfrage noch Belastungen über 1,3 Milliarden Euro durch Turbulenzen an Rohstoff- und Kapitalmärkten sowie durch Wechselkurse an. Am Donnerstag meldete auch der französische Rivale Renault einen Umsatzeinbruch um fast ein Fünftel.

Auch Mercedes-Benz betroffen

Nach den vorläufigen Zahlen von Daimler sackte der Betriebsgewinn bei der Pkw-Tochter Mercedes-Benz wie auch im Nutzfahrzeuggeschäft um 55 Prozent ab. Der noch stärkere Rückgang des Konzernergebnisses rührt vom fast völligen Wegschmelzen des Geschäfts der Finanzierungstochter Daimler Mobility her, über die Kredit- und Leasingverträge für die Fahrzeuge laufen. Diese verdiente nur 58 Millionen Euro, nach 1,2 Milliarden Euro vor Jahresfrist. Zur Absicherung gegen Kreditausfälle traf sie eine Risikovorsorge von 400 Millionen Euro. Daimler-Chef Ola Källenius will die endgültige Quartalsbilanz am 29. April vorlegen. Vorbörslich notierten die Daimler-Aktien 0,5 Prozent im Plus.

Zuversicht

Der Ergebnisrückgang heuer werde auch die frei verfügbare Liquidität im Industriegeschäfts drücken, erklärte Daimler weiter. Im ersten Quartal verbrannte der Autobauer 2,3 Milliarden Euro. Finanzvorstand Harald Wilhelm hatte bereits Anfang April erklärt, angesichts der Krise habe das Absichern der Liquidität oberste Priorität. Die Nettoliquidität im Industriezweig sank von Januar bis März von elf auf 9,3 Milliarden Euro. Kürzlich sicherte sich das Unternehmen eine Kreditlinie bei Banken über zwölf Milliarden Euro. "Angesichts des Umstands, dass wir umfassende Maßnahmen zum Schutz unseres Barmittelbestands getroffen und unsere finanzielle Flexibilität erhöht haben, sind wir zuversichtlich, für die Zeit während und nach der Krise gut positioniert zu sein", erklärte Daimler.

Produktion läuft langsam wieder an

Tiefe Bremsspuren durch die Corona-Krise hatten sich schon beim Absatz gezeigt: Die Pkw-Tochter Mercedes-Benz verkaufte im ersten Quartal weltweit 15 Prozent weniger, im Lkw-Geschäft brachen 20 Prozent Absatz weg.

Nach vier Wochen Zwangspause fährt Daimler seit dieser Woche zunächst in den Komponentenwerken für Mercedes-Pkw und Lastwagen in Europa die Produktion in kleinem Umfang wieder an. Denn vor allem die schon wieder länger laufenden Werke in China brauchen Teile. Dafür wurden aufwendige Vorkehrungen zum Gesundheitsschutz getroffen, damit die Beschäftigten Abstandsregeln einhalten und sich möglichst wenig begegnen. Ein großer Teil der Mitarbeiter von Automobilbauern und ihren Zulieferern in Deutschland ist allerdings noch in Kurzarbeit.

Probleme

Der Premiumhersteller hat schon länger mit Gewinnschwund zu kämpfen, denn er muss zig Milliarden in neue Technologien wie Elektroautos und autonomes Fahren stecken. Der Dieselabgasskandal brockte Daimler Bußgelder und milliardenhohe Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten ein. Der Absatz leidet seit bald zwei Jahren unter dem Handelsstreit zwischen den USA und China. Außerdem kamen Produktionspannen und der Flop eines Luxus-Pickups den Autobauer teuer zu stehen. So war im vergangenen Jahr das operative Ergebnis wegen etlicher Sondereffekte um 60 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro gesunken.

Vor dem Ausbruch von Corona hatte Daimler für 2020 eine deutliche Steigerung des Ebit in Aussicht gestellt, obwohl der Absatz leicht sinken und der Umsatz stagnieren sollte. Mit dem im November angekündigten Sparprogramm will Daimler die Personalkosten um 1,4 Milliarden Euro drücken, indem mehr als 10.000 Beschäftigte freiwillig ausscheiden sollten. (APA, dpa, 23.4.2020)