TaleWorlds Entertainment
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In der Indie-Steinzeit, also 2004, hatte das türkische Ehepaar Yavuz eine interessante Idee: Das von seinem winzigen Indie-Studio Taleworlds entwickelte Ritterspiel Mount & Blade war zwar noch nicht fertig, aber dennoch begann man, das unfertige Spiel zahlendem Publikum zu verkaufen, um mit den Einnahmen die Weiterentwicklung zu finanzieren. Was heute ein blühendes Geschäftsmodell ist, war damals noch Neuland und Mount & Blade eines der allerersten Early-Access-Spiele der Welt.

2008 erschien die finale Version des von seinem Publikum heißgeliebten Titels, es folgten mit den Standalone-Erweiterungen Warband und With Fire & Sword zwei überarbeitete Ableger mit zusätzlichen Features. Nach fast zehn Jahren ist nun der heiß ersehnte zweite Teil im Early Access erschienen: Mount & Blade 2: Bannerlord lockt wieder ins Fantasiemittelalter von Calradia – und aus dem vermeintlich kleinen Indie-Spiel ist flugs der größte Spiele-Launch des bisherigen Jahres auf Steam geworden: Knapp 180.000 Spielerinnen und Spieler stürzten sich in den ersten 24 Stunden nach Release zugleich ins Abenteuer.

Kein Wunder, denn das Spielprinzip des Originals ist unverwüstlich und lässt sich mit der Kurzformel "'Pirates!' im Mittelalter" gut abkürzen. In einer riesigen Sandbox-Welt führt man seinen frei gestaltbaren Helden zu Ruhm und Reichtum als Fürst, Händler oder Raubritter, darf Diplomatie betreiben, Adelige umschmeicheln oder bekämpfen, Aufträge für Bauern, Händler und Könige erledigen und vor allem unzählige Kämpfe zu Fuß oder hoch zu Ross bestreiten.

In den vor allem im späteren Spielverlauf spektakulären Schlachten läuft die neue Grafik-Engine zur Hochform auf: Obwohl Bannerlord nicht an die Hochglanz-Grafik aktueller AAA-Titel herankommt, erfreut man sich dank hübscher Animation, atmosphärischer Lichtstimmungen und vor allem riesiger Mengen an NPC-Kriegern auch an der Präsentation dieses Spiels. Abgesehen von der hübscheren Optik ist vieles beim Alten geblieben, von den Zufallsmissionen bis zum Ausbau der eigenen Armee, Turnieren und einem Multiplayer-Part mit verschiedenen Spielvarianten. Es gibt wenig ganz neue Spielelemente, etwa ein überarbeitetes Fähigkeitensystem und komplexere Belagerungen, und in Gesprächen darf man nun rollenspieltypisch mit verschiedenen Konversationsskills unterschiedliche Optionen ausprobieren. Veteranen der Vorgänger mäkeln an kleineren Änderungen am Kampfsystem herum, doch im Prinzip bleibt TaleWorlds auch hier bei Altbewährtem.

Was ist gelungen?

Größer, schöner, komplexer: Was an den Vorgängern gut war, wird in Bannerlord endlich auf ein zeitgemäßes Präsentationsniveau gehievt. Schon jetzt kann man sich mit diesem Early-Access-Riesen stunden-, ach was, wochenlang beschäftigen und hat längst noch nicht alles gesehen. Wer vom immergrünen Sandbox-Gameplay in der Singleplayer-Kampagne genug hat, darf sich im gewohnt actionreichen Multiplayer-Teil abreagieren. Was Fans auch erfreuen wird: Die Basis für die traditionell üppige Modder-Community ist bereits jetzt gelegt, auch wenn sich wohl erst nach Release in einem Jahr bei Vorliegen einer finalen Version hier das gewohnte Spielfeld für Modifikationen und Total-Conversions eröffnen wird.

Was ist weniger gelungen?

Early Access heißt auch, dass noch nicht alles in Stein gemeißelt ist, bei einigen Gameplay-"Innovationen" darf man also noch darauf hoffen, dass das Murren der Gemeinde eventuell noch Änderungen zur Folge hat. Das neue Fähigkeitensystem sorgt mit seinen viel langsameren Aufstiegen und Charakter-Upgrades gerade zu Beginn für eine im Moment noch recht mühsame und eintönige Grind-Spirale, in der man stundenlang mit der mäßig unterhaltsamen Jagd auf die immerselben Banditen und Plünderer beschäftigt ist, manche Waffengattung ist noch arg unbalanciert, und auch die identischen Grundrisse von Städten, Dörfern und Burgen lassen die Illusion einer lebendigen Spielwelt dünn werden.

Dass zum Erledigen simpler, immer wiederkehrender Aufgaben der Wechsel zwischen mehreren Bildschirmen samt jeweils einzeln nötigem Ladebildschirm sein muss, ist hoffentlich ebenso eine Kinderkrankheit wie die manchmal recht wackeligen MP-Server. Momentan folgen Hotfixes und Patches in schneller Frequenz; man darf Taleworlds zutrauen, die große Erfahrung mit der Early-Access-Entwicklung hier konstruktiv und gemeinsam mit der Community weiter zum Besten anzuwenden.

Fazit

Was für ein Spiel – vor allem, wenn es mal fertig ist. Schon jetzt ist Mount & Blade 2: Bannerlord eine üppige Spielwiese für all jene, die ungeduldig einer grafisch aufgepeppten Rückkehr nach Calradia entgegengefiebert haben und die Holprigkeiten des Early Access zu ertragen bereit sind. Wer ein fertiges Spiel erwartet, ist in diesem frühen Stadium des Early Access gut beraten, sich noch in Geduld zu üben. So oder so: Mount & Blade spielt weiterhin in einer Klasse für sich. (Rainer Sigl, 25.4.2020)