Peter Jonas starb am Mittwoch im Alter von 73 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung.

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München – Die Bayerische Staatsoper und Sir Peter Jonas waren einander innig verbunden. Fast 15 Jahre lang stand der Brite an der Spitze des Hauses. 2006 zog er sich zurück, war in München aber dennoch oft anzutreffen. Über das Ensemble der Staatsoper sagte er der dpa anlässlich seines 70. Geburtstages, es sei wie eine Familie für ihn. Nun musste Nikolaus Bachler den Tod seines Vor-Vorgängers verkünden.

Peter Jonas starb am Mittwoch im Alter von 73 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung. München war für den Kulturmanager auch nach seinem Rückzug als Intendant im Jahr 2006 zweite Heimat geblieben – wenngleich er viele Jahre in der Schweiz wohnte. Seine Frau Barbara Burgdorf ist Konzertmeisterin an der Bayerischen Staatsoper. Im Interview im Herbst 2016 schwärmte er von seinem einstigen Arbeitsplatz: Das Haus sei eine Ausnahmeerscheinung und habe eine fantastische Qualität. Wenn er in München sei, schaue er sich gerne Neuproduktionen an. "Ich bin immer noch verliebt in dieses Haus und alle seine Mitarbeiter."

Nun trauert die Opernfamilie: "Die Musik- und Opernwelt hat in Sir Peter Jonas einen großen Mann verloren. Er hat über Jahrzehnte das Musiktheater- und Konzertleben mit Mut, mit Originalität, mit Energie und unbändiger Lust am Risiko geformt", sagte Bachler am Donnerstag. Jonas habe die Staatsoper in einzigartiger Weise geprägt. Von 1993 bis 2006 leitete der gebürtige Londoner die Geschicke der Bayerischen Staatsoper und machte sie zu einem der – auch in finanzieller Hinsicht – erfolgreichsten Opernhäuser der Welt. Vor allem setzte er auf zeitgenössische Regiekonzepte. Zwischen 1993 und 2000 sorgte er bei dem als konservativ geltenden Münchner Publikum mit sechs Uraufführungen für Kontroversen. Starregisseure inszenierten unter seiner Ägide flippig-witzige Barock-Opern. "Händelopern mit Dinosauriern, Siegfried und Brünnhilde auf dem Schrottplatz: Solche Bilder musste man in München seinerzeit erst einmal verkraften", zollte am Donnerstag Bayerns Kunstminister Bernd Sibler (CSU) dem Verstorbenen seinen Respekt. Branchenkenner betrachteten das Haus als Ort der Erneuerung. 2006 gab Jonas seinen Posten frei.

Liebe zur Oper und zu Fuß durch Europa

Nach einem Uniabschluss in Anglistik und Literatur hatte Jonas ein Studium der Oper und Musikwissenschaft absolviert. In den 70er Jahren wurde er künstlerischer Leiter des Chicago Symphony Orchestra, 1984 wechselte er als Generaldirektor zur English National Opera nach London, die er zu einer der innovativsten Bühnen mit zeitgenössischem Musiktheater und jungen Regisseuren ausbaute. München wurde seine dritte und letzte berufliche Station. Für sein Wirken wurde er mit zahlreichen Preisen geehrt und von Queen Elizabeth II. zum Ritter geschlagen.

So sehr er der Oper verbunden blieb: Nach seinem Abschied als Intendant war er im wörtlichen Sinne auch auf anderen Pfaden unterwegs. Jonas erfüllte sich einen Traum, Europa zu Fuß von Nord nach Süd zu durchqueren. In mehreren Etappen marschierte er 5.000 Kilometer von der Nordspitze Schottlands nach Sizilien. "Es hat Jahre gedauert." Im April 2015 kam er in Palermo auf Sizilien an. "Ich habe so viel gelernt über Europa, ich habe verstanden, warum das Konzept Europa so wichtig ist und der Brexit so katastrophal", meinte er 2016. "Ich habe erfahren, wie unterschiedlich wir sind und wie viel wir gemeinsam haben." Und noch etwas entdeckte der Weltbürger Jonas während seiner Tour durch Europa: seine Liebe zu Sizilien, wo er noch viele Urlaube verbringen wollte.

Nun starb Jonas "nach einem 45-jährigen Kampf gegen den Krebs", wie Intendant Bachler mitteilte. "Mit englischem, oftmals das Absurde streifenden Humor und großer Disziplin und britischer Coolness schuf der Kinofan und allem Visuellen aufgeschlossene Sir Peter hier einen neuen Blick auf die Opernkunst." Seit der Ära Jonas höre das Publikum in München (auch) mit den Augen, so Bachler. Jonas sei "für München ein Glück" gewesen. Und das gilt auch andersherum. Über seine Münchner Zeit sagte Jonas im Herbst 2016: "Ich habe dort Spaß gehabt und bin sehr happy, dass es meine letzte Station war." (APA, 23.4.2020)