Die Bundesmuseen, darunter auch das Kunsthistorische Museum, öffnen nach anfänglichem Zögern und reichlich Verwirrung nun früher, als sie eigentlich wollten.

Foto: APA/Hochmuth

Seit die Kulturstaatssekretärin eine Wiederaufnahme des Museumsbetriebs Mitte Mai avisiert hat, geraten die Bundesmuseen mit ihrer für 1. Juli angepeilten Öffnung zunehmend in die Kritik. Die Gründe dafür werden wahlweise ignoriert oder dienen als Angriffsfläche. "Ich finde das unmöglich, sich rein auf ökonomische Prinzipien auszureden", erklärte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) Mittwochabend in einem "Kultur-Talk spezial" auf Servus TV. Sie vertrete eine gänzlich andere Haltung und sprach sich für eine schnellstmögliche Öffnung dieser Häuser aus.

Jene, die die Sichtweise der Bundesmuseen in der Debatte theoretisch hätte erläutern können, fehlte: Ulrike Lunacek, der nach einem Fahrradsturz am Dienstag Schonung verordnet wurde. Ob sie praktisch aus dem Nähkästchen geplaudert hätte, ist eine andere Frage. Gesichert ist, dass sie mit dem Mitte-Mai-Termin die gesamte Museumsszene in Österreich überrumpelte: nicht nur die Bundes-, sondern auch die Landesmuseen, sowohl den Museumsbund Österreich (MÖ) als auch das Österreichische Nationalkomitee des International Council of Museums (ICOM).

ICOM wollte einheitlichen Termin

Letzteres hatte sich wiederholt und auch noch kurz vor der Pressekonferenz für einen einheitlichen Termin eingesetzt, um nicht Verwirrung beim interessierten Publikum zu stiften. "Dieser Termin war nicht abgesprochen", bestätigt Präsidentin Bettina Leidl. Mit niemandem, wie ein STANDARD-Rundruf ergab. Die Landeskulturreferenten wurden hernach in einer Videokonferenz informiert.

Im ORF-"Kulturmontag" rechtfertigte Lunacek die Öffnungsoption im Hinblick auf die unzähligen kleinen in den Regionen verstreuten "Museen, die von Ehrenamtlichen betrieben werden". Was sie offenbar nicht weiß: Dabei handelt es sich überwiegend um Pensionisten, wie MÖ-Präsident Wolfgang Muchitsch bestätigt. Also jene Risikogruppe, der die Regierung seit Wochen den Kontakt zu ihren eigenen Kindern und Enkeln versagt, darf demnächst als Kulturnahversorger Dienst tun.

Konkrete Vorgaben erst Mitte Mai

Nicht die einzige Absurdität, die eine Perspektive sein wollte. Die Pressekonferenz, die inhaltlich einer Parodie der Neigungsgruppe Kunst und Kultur glich, hatte ja noch andere parat. Die 20-Quadratmeter-Formel pro Besucher etwa. Warum für Theater oder Museen strengere Beschränkungen gelten sollen als für Öffis oder Supermärkte, versteht niemand. Die Rahmenbedingungen für den Museumsbetrieb werden bis Mitte Mai vorliegen, heißt es auf Anfrage aus dem Büro Lunacek.

Mit der Mai-Variation brachte die Staatssekretärin all jene Museen, die sich auf eine Wiedereröffnung mit 1. Juli eingestellt hatten, unter Zeit- und Rechtfertigungsdruck. Dabei waren der Termin und sämtliche Maßnahmen der Bundesmuseen eng mit ihr abgestimmt worden. Man müsse sich auf eine längere Schließzeit einstellen, zumindest bis zum Sommer, hieß es zu Beginn. Zur Abfederung erster finanzieller Engpässe wurde das Kurzarbeitsmodell empfohlen und das Gesetz eigens dafür adaptiert. Die absehbaren Liquiditätsprobleme hätten Werner Kogler und seine Staatssekretärin auch aus anderen Töpfen lösen können.

Die Kritik trifft jetzt stattdessen die Museen. "Wir sind Betriebe, die gesetzlich dazu angehalten sind, den wirtschaftlichen Schaden, auch im Sinne des Steuerzahlers, so gering als möglich zu halten", gibt Wolfgang Muchitsch, Direktor des Universalmuseums Joanneum, zu bedenken.

Belvedere, KHM und Albertina nun doch früher

Die zögerliche Haltung der Tanker, die jetzt nicht in Hü-hott-Manier sofort aufsperren, stößt vielen sauer auf. Auch Johann Kräftner, Direktor der teils in Österreich befindlichen Sammlung des Fürsten Liechtenstein: "Wir Österreicher genügen wohl nicht, wir dürfen nur mit unseren Steuergeldern für die Grundfinanzierung und etwaige Verluste aufkommen." Dabei sei die Öffnung doch eine "lebenserhaltende Maßnahme, um das Volk bei Laune zu halten".

In den Bundesländern stehen derzeit noch einige Entscheidungen aus. Die städtischen Institutionen evaluieren noch, obwohl es von den konkreten Vorgaben der Verordnung abhängt. Am Donnerstag folgte die Kehrtwende der Bundesmuseen: das Untere Belvedere öffnet am 15. Mai, die Albertina und ihr neuer Standort im Künstlerhaus folgen am 27. Mai. Das Kunsthistorische Museum startet mit Anfang Juni mit einem "pay as you wish"-Modell, bei dem Besucher die Höhe des Eintrittspreises selbst bestimmen können.

Das Problem für die Geschäftsführungen der genannten Häuser bleibt. Sie warten seit sieben Wochen auf eine Zusage, ob, in welcher Form und wann Umsatzausfälle kompensiert werden. Denn trotz aller Einsparungen: Die Basisabgeltung reicht nicht aus, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. (Olga Kronsteiner, 23.4.2020)