Inseln wie Rhodos befürchten, dass der Sommer eine Tourismus-Flaute bringt.

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Während ein paar Gläubige zum orthodoxen Osterfest vergangenes Wochenende wütend an die verschlossenen Kirchentüren trommelten, halten sich die meisten Griechen an die Covid-19-Maßnahmen. Nur der frühere Finanzminister Yanis Varoufakis verweigerte sich kürzlich einer Polizeikontrolle auf der Insel Ägina, wo er ein Sommerhaus hat. "Wissen Sie, wer ich bin?", sagte er patzig zu den Beamten, berichtete der Bürgermeister der Insel.

Kommende Woche sollen nun kleine Geschäfte und Gerichte wieder geöffnet werden. Vor der Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs heute Donnerstag, bei der über Corona-Hilfen für die Südländer diskutiert wird, plädiert Griechenland für eine starke gemeinsame Antwort der EU. "Wir haben einen gemeinsamen Feind. Also muss es auch gemeinsame Lösungen geben", formulierte es der griechische Finanzminister Christos Staikouras.

Mit Corona-Bonds rechnet man in Athen nicht mehr. Der griechischen Regierung geht es vor allem darum, dass weiterhin Kredite zu relativ niedrigen Zinssätzen aufgenommen werden können, um die Liquidität zu erhalten.

Keine neue Schulden

Der Ökonom Michael Landesmann vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW), moniert auch, dass es für hochverschuldete Staaten wie Griechenland wichtig sei, dass der Schuldenberg nicht noch zusätzlich wächst, sondern neue Programme – etwa gegen Jugendarbeitslosigkeit – von der EU gemeinsam finanziert werden.

Sein Kollege Philipp Heimberger meint, dass EU-Zuschüsse aus einem neuen EU-Fonds Finanzmittel für Hilfsprogramme für Griechenland bringen könnten. "Diese schlagkräftige Antwort ist auch im Interesse von Deutschland und Österreich, weil es darum geht, die gemeinsame Währung zu retten. In den nächsten sechs bis zwölf Monaten könnte die Schuldenquote stark steigen, und Staaten wie Griechenland haben keinen Spielraum, um umfassende Hilfsprogramme aufzulegen", so Heimberger.

Zinsen unter Kontrollen

Die Zinsen für Schulden konnten in Griechenland bisher unter Kontrolle gehalten werden. Vergangene Woche hat Athen mit einer siebenjährigen Staatsanleihe frisches Geld in der Höhe von zwei Milliarden Euro beschafft, weil die Europäische Zentralbank (EZB) auch für Griechenland das Notfallanleihenkaufprogramm zugelassen hat. Die Rendite dafür liegt bei etwa zwei Prozent – ein wenig höher als im Vorjahr.

Mit dem Notfallanleihenprogramm will die EZB bis Ende 2020 Anleihen für 750 Mrd. Euro ankaufen. "Ohne diese Reaktion der EZB hätte Griechenland aber große Schwierigkeiten", lobt der Politologe Dimitris Katsikas die Politik der Zentralbank. Dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge dürfte die Schuldenquote Griechenlands heuer trotzdem um etwa 22 Prozentpunkte auf 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen.

Keine Primärüberschüsse

Die Auflage, dass Griechenland Primärüberschüsse von 3,5 Prozent des BIPs erwirtschaften muss, sind angesichts der kommenden Rezession ohnehin vom Tisch. Die Wirtschaft wird laut IWF um zehn Prozentpunkte schrumpfen – das ist mehr als während der Zeit der schlimmsten Finanzkrise, als es um etwa neun Prozent ins Minus ging. Die Arbeitslosigkeit könnte auf 20 Prozent steigen. Im Tourismus rechnet man heuer mit einem Minus von fünfzig Prozent.

In der Branche hofft man auf Inlandstourismus und Gäste aus Mittel- und Osteuropa, wo das Virus sich nicht so stark ausbreitete. In Griechenland wurden die meisten Inseln von der Pandemie bisher verschont. Das Land ist besonders abhängig vom Tourismus, und es ist daher auch im Sinne der Staaten der Eurozone, dass sich der Tourismus erholt. Etwa ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts wird in dieser Branche erwirtschaftet, und etwa eine Million, also fast ein Viertel aller griechischen Jobs, hängen mit dem Tourismus zusammen. (Adelheid Wölfl, 23.4.2020)