Sobald die Wirte wieder aufmachen, sollte der Kanzler jeden Tag eine appetitanregende Pressekonferenz halten ("Hobts schon gessn?"), oder besser noch der Vizekanzler, weil der überzeugender als Paraderepräsentant des österreichischen Phäakentums durchgeht.

Foto: APA / Helmut Fohringer

Essenstechnisch gibt es im Prinzip drei Möglichkeiten, auf die Corona-Krise zu reagieren. Möglichkeit eins: die stoische. Sich von dem Idiotenvirus nicht beeindrucken lassen, Ruhe bewahren, Essgewohnheiten beibehalten, als wäre nichts geschehen. Ist nicht sehr weit verbreitet,

Möglichkeit zwei: die spartanische. Diszipliniert sein, auf die Figur achten, Kalorieninput zurückfahren, weil man umständehalber weniger Sport treiben kann. Möglichkeit drei: die hedonistische. Covid-19 als Menetekel wahrnehmen: Das Leben ist begrenzt, spachteln wir also vor dem definitiven Abgang, was das Zeug hält. Verkaufts mei Gwand, i foa in Himmel!

Zur Bezeichnung der aus dieser Haltung resultierenden Folgen gibt es bereits das Neuwort "Corona-Speck", welches die Liste geläufiger Speckarten – Winterspeck, Babyspeck, Kummerspeck – zweckmäßig ergänzt.

Kein Ausgleichsvöllern

Der Krisenkolumnist ist ein Mensch, der Speis und Trank üblicherweise mit Sympathie begegnet. Daher hat es mich selbst überrascht, dass ich seit Beginn der nationalen Zwangsquarantäne keineswegs zum Ausgleichsvöllern neige, sondern zur kalorischen Zurückhaltung, ja fast zur Askese.

Ich habe mir nichts bewusst vorgesetzt, alles hat sich intuitiv eingestellt. Lebensmitteln begegne ich mit Zurückhaltung und Skepsis, und es gibt nichts, was ich derzeit weniger für mein Seelenheil brauchte als ein üppiges Abendmahl.

Auf diese Weise fällt man natürlich vom Fleisch: Seit Quarantänebeginn habe ich gute vier Kilo abgenommen. Das freut meinen Internisten, grämt aber die notleidende Gastronomie. Wenn im postcoronaren Zeitalter die spartanische Haltung einreißt, kann jeder zweite Wirt das Kreuz machen. Das wäre das Letzte, was wir, inklusive des Krisenkolumnisten, möchten.

Daher gilt es gegenzusteuern, auch von der Politik. Sobald die Wirte wieder aufmachen, sollte der Kanzler jeden Tag eine appetitanregende Pressekonferenz halten ("Hobts schon gessn?"), oder besser noch der Vizekanzler, weil der überzeugender als Paraderepräsentant des österreichischen Phäakentums durchgeht.

Weitere Sonderaktionen zur Belebung des Gastgewerbes: All-you-can-eat-Buffets; zwei Stelzen zum Preis von einer; maskenfreies Schnitzelwettessen, bis die Schwarten krachen. Wenn das Idiotenvirus ein für alle Mal kaltgestellt ist, bin ich fix wieder dabei, versprochen. (Christoph Winder, 25.4.2020)