Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: getty/cox

Die erste Runde des NFL Drafts 2020 liegt hinter uns. Statt einer großen Party in Las Vegas gab es auf Grund der Corona-Krise nur eine große Videokonferenz. NFL Commissioner Roger Goodell begrüßte die Fans also nicht von der großen Bühne, sondern aus seinem eigenen Keller. Dennoch ging alles glatt über die Bühne, Grund genug für eine kleine Zusammenfassung.

Die No-Brainer

Die Auswahl des schlechtesten Teams der vergangenen Saison, den Cincinnatti Bengals, stand schon einige Wochen lang fest: Quarterback Joe Burrow, aktueller Heisman Trophy-Gewinner – also bester College-Spieler der abgelaufenen Saison – wurde ausgewählt und soll die Franchise in den kommenden Jahren zu Erfolgen führen.

Auch der zweite Pick verlief ohne Überraschung, die Washington Redskins konnten sich mit Defensive End Chase Young den vermutlich besten Defensiv-Spieler der Klasse sichern.

Der dritte Pick sollte eigentlich mehr Spannung versprechen, es blieb aber auch hier bei dem zu erwartenden Pick: Cornerback Jeff Okudah soll den zu den Philadelphia Eagles abgewanderten Darius Slay ersetzen.

Der mutigste Pick

Justin Herbert zu den Los Angeles Chargers war zwar nicht unbedingt überraschend, bleibt aber weiterhin ein mutiger Pick. Herbert ist groß, hat eine Kanone von Arm, ist aber sehr inkonsistent. Präzise Pässe wechseln sich mit katastrophalen Würfen ab. Er wird nicht sofort übernehmen, muss auch noch deutlich reifen. Wenn’s aufgeht, alles richtig gemacht. Sonst muss man sich den Vorwurf gefallen lassen, mit Isaiah Simmons eine hervorragende Ergänzung zu Derwin James nicht gezogen zu haben.

Der WTF-Moment

Jordan Love ist einer der umstrittensten Spieler der Klasse. Der Quarterback von Utah State wurde wegen seiner Armstärke und seiner Athletik gerne mit Pat Mahomes verglichen, durch seine vielen schiefgegangenen Momente ist er aber noch weit davon entfernt. 17 Interceptions in der abgelaufenen Saison hielten die Green Bay Packers aber nicht davon ab, für Love extra nach oben zu gehen und mit dem 26. Pick Love auszuwählen. Long-Term-Projekt, es wird eine lange Reise. Außerdem bedeutet das: keine neuen Waffen für Aaron Rodgers vorerst. Es bleibt eine zentrale Frage: warum?

Der Hä?-Moment

Die Tampa Bay Buccaneers sind bekanntermaßen in aller Munde. Nachdem man sich Tom Brady in der Free Agency sichern und zudem noch Rob Gronkowski aus der Football-Pension holen konnte, benötigte man dennoch neue Power für die O-Line. Offenbar bekam man Angst, die San Fancisco 49es würden sich den gewünschten Mann wegschnappen, weshalb man kurzerhand den Pick mit den 49ers tauschte und sich Tristan Wirfs ins Team holen konnte. War nicht notwendig, aber ok – für Brady nimmt man jedes Opfer.

Perfekt gemacht

Die Miami Dolphins haben stark angetäuscht, ein Trade nach oben schien lange Zeit im Raum zu stehen. Schlussendlich blieb man aber beim fünften Pick und konnte trotzdem den Wunschspieler Tua Tagovailoa picken. Mit Austin Jackson konnte man auch gleich den passenden Tackle dazu holen.

Die Minnesota Vikings bekamen nicht nur Justin Jefferson, sondern mit Jeff Gladney auch einen richtig starken Cornerback. Und durch den Downtrade hält man jetzt für die kommenden zwei Tage immer noch bei zwölf weiteren Picks!

Die Überraschungen

Wir müssen über die Receiver sprechen: Jerry Jeudy und CeeDee Lamb gelten als beste Passfänger der Klasse. Als Erster vom Board ging aber Jeudys Teamkollege von Alabama, Henry Ruggs. Die Las Vegas Raiders holten sich in Al Davis-Manier den schnellen Passfänger an der zwölften Stelle. Ein Pick, der nostalgischer nicht sein könnte.

Durch Traumszenarien für die Denver Broncos und die Dallas Cowboys fielen den beiden Teams die zwei weiteren Top-Receiver in die Hände. Jeudy geht zu den Broncos und stellt eine fantastische neue Waffe für Drew Lock dar. Die Cowboys dürften immer noch nicht glauben, dass sie CeeDee Lamb an der 17. Stelle noch bekommen haben. Absolutes Traumszenario!

Jalen Reagor (Eagles) über Justin Jefferson (Vikings) war so auch nicht unbedingt zu sehen. In einer sehr starken und tiefen Receiver-Klasse darf das aber auch nicht weiter verwundern. Brandon Aiyuk wurde von den 49ers ausgewählt, Kyle Shanahan ging extra noch ein paar Plätze nach oben. Aiyuk ist ein Yards-after-Catch-Monster, tut sich in der Manndeckung aber schwer.

Damon Arnette wurde schon in den Top-20 ausgewählt, mit dem war nicht zu rechnen. Zumindest außerhalb des Universums von General Manager Mike Mayock. Ein erfahrener Mann, der aber trotzdem die ein oder andere Schwäche aufweist. Sicherlich DER Reach der ersten Runde.

Baltimore darf sich Gewinner nennen – Patrick Queen an 28. Stelle zu bekommen ist einfach nur perfekt für die Raben. Er bringt alles mit, was die Raven suchen.

Mit Clyde Edwards-Heilare ging schlussendlich doch noch ein Runningback vom Board. Die Kansas City Chiefs verwendeten ihren Pick für die Universalwaffe und schlossen damit die erste Runde ab.

Das Übliche

Seattle hat wieder keinen Mann für die O-Line geholt und hofft einfach, dass sich Russell Wilson nie verletzt. Dafür gab’s einen gewagten Linebacker-Pick. New England hat sich wieder mal aus der ersten Runde rausgetauscht und Picks vermehrt.

Die Österreicher

Mit Sandro Platzgummer und Bernhard Seikovits sind zwei österreichische Football-Spieler in der engeren Auswahl den Sprung in die Profi-Liga zu schaffen. Beide Spieler sind Teil des International Programms der NFL, das am Ende Platz für vier Spieler bietet. Die Voraussetzungen für die heimischen Talente ausgewählt zu werden sind alles andere als gut: Auf Grund der Corona-Krise fand ein verkürztes Camp ohne direkte Sichtung der einzelnen NFL-Coaches statt. Direkt nach dem Draft soll die Entscheidung fallen, welche internationalen Spieler den Sprung in die NFL fürs erste geschafft haben. Man darf noch hoffen. (Martin Senfter, 24.4.2020)