Auch die Weiterbildungsanbieter mussten ihre Präsenzveranstaltungen ins Internet verlagern.

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Am Anfang stand die Frage: Was können wir als Weiterbildungsträger anbieten, um in dieser schwierigen Situation etwas Gutes zu tun?", sagt Stephan Witzel, Geschäftsführer der Uni for Life, der Weiterbildungsinstitution der Uni Graz. Es sollte etwas sein, das jedem helfen kann, ohne Zugangsvoraussetzungen, und das orts- und zeitunabhängig genutzt werden kann. Entstanden sind drei kostenlose Weiterbildungsprogramme, die inhaltlich an die aktuellen Herausforderungen angepasst wurden: "Supply Chain Management" zur Funktionalität von Lieferkette und Materialwirtschaft, "Leadership" und "Projektmanagement". Sie verlangen keinerlei Vorkenntnisse und schließen mit einer Prüfung und anschließender Teilnahmebescheinigung ab.

Schon bei der Konzeption wurde bedacht, dass viele an den Seminaren teilnehmen könnten, daher entschied man sich, bei der Anmeldung auf Interaktion gänzlich zu verzichten. "Wir wollten nicht, dass wir uns oder unsere Kooperationspartner mit dieser Aktion lahmlegen." Eine gute Entscheidung, wie sich kurz nach Veröffentlichung des Angebots zeigte. Bereits nach eineinhalb Tagen hatten sich über 1000 Teilnehmer angemeldet, mittlerweile sind es über 7000 Anmeldungen. Das Angebot gilt noch bis 15. Mai. Dass dadurch die Bereitschaft sinken werde, für Weiterbildung zu zahlen, befürchtet Witzel nicht. Zwar sind Gratisangebote generell ein Thema bei E-Learning-Programmen, es sei aber auch eine Frage der Intention. "Im Rahmen unserer universitären Möglichkeiten wollten wir einfach etwas Gutes tun." Innerhalb von drei Tagen wurde auch an der Uni Graz der Präsenzunterricht vollständig in virtuelle Räume verlagert. Für den gesamten Bildungsmarkt erwartet er sich einen nachhaltigen Digitalisierungsschub.

Akzeptanz von E-Learning gestiegen

Zurückhaltender sind die Erwartungen des BFI Wien im Hinblick auf den Stellenwert von E-Learning nach der Corona-Krise. Corona-bedingt werden mehr als die Hälfte der Weiterbildungsprogramme am BFI Wien mittlerweile online angeboten. Viele Kurse hatten schon vor dem Lockdown gestartet, die Teilnehmer sind mit in den virtuellen Raum gewechselt. Ob die Teilnehmer der Kurse, die erst vor kurzem gestartet sind, unter anderen Umständen auch eine Online-Weiterbildung gewählt hätten, sei schwer abzuschätzen, sagt Jan Weinrich, Sprecher des BFI Wien. Schon vor dem Lockdown gab es E-Learning-Angebote am BFI, das Interesse war aber eher zurückhalten. Im Normalbetrieb werden rund 1000 Kurse pro Jahr angeboten, nur 20 bis 30 davon waren reine Online-Lehrgänge. Durch Corona sei zwar die Akzeptanz von E-Learning generell gestiegen, inwieweit dieser Effekt nachhaltig sein werde, lasse sich derzeit aber noch nicht abschätzen.

Doch nicht alle Angebote können online weitergeführt werden. Als Beispiel nennt Weinrich die überbetrieblichen Lehrwerkstätten oder Ausbildungen in Handwerk und Technik. Hier werde versucht, sie noch in dieser Periode nachholen zu können. Natürlich sei die Situation auch für das BFI Wien herausfordernd. Die rund 800 angestellten Trainer sind zwar in Kurzarbeit, gekündigt wurde aber niemand, bei den rund 1000 freien Trainern werde nach individuellen Lösungen gesucht, heißt es vom BFI Wien.

Ob diese Zeit verstärkt für Weiterbildung genutzt werde, könne empirisch nicht beantwortet werden. Das Interesse sei aber sicher groß. "Unser Kundennewsletter im April hatte die besten Zugriffe, die wir jemals gemessen haben", ergänzt Weinrich. Prognosen, wie es im Herbst am Weiterbildungsmarkt weitergehen wird, traut er sich jetzt noch keine abzugeben.

Anfragen zu Präsenzlernen nehmen zu

Auch das Wifi musste auf E-Learning umstellen. Angebote gibt es dort vor allem zu Sprachen, IT-Anwendertrainings, Betriebswirtschaft und Recht sowie Vorbereitungskurse für die Berufsreifeprüfung. Sehr stark nachgefragt waren in den letzten Wochen auch Weiterbildungen für Trainer, die ihre didaktischen Online-Training-Skills ausbauen wollen. "Allerdings merken wir nach dem ersten Hype im Online-Lernen auch wieder verstärkt Anfragen nach den Kursteilen mit gemeinsamem Präsenzlernen", sagt Tatjana Baborek, Leiterin des Wifi. (Gudrun Ostermann, 25. 4. 2020)