Musikproben werden derzeit oft zuhause abgehalten. Vielleicht entsteht dabei ja ein Welthit.

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Unser Nachbar von drunter ist munter. Woher ich das weiß? Er klimpert auf seinem Klavier, und zwar, wie so oft, die gleichen Takte aus dem gleichen, melancholischen und zur Corona-Krise passenden Stück. Dass der Nachbar in einer ziemlich guten Band spielt, haben wir gewusst. Nun übt er zu Hause, Corona sei Dank.

Fad wird es bei uns auch sonst nie. Die Nachbarn von nebenan haben einen Sohn, der in sehr jungen Jahren schon ein vielversprechender Sprinter ist. Manchmal läuft er auf dem Gang auf und ab und freut sich hörbar darüber, welche Geschwindigkeit er auf den paar Metern zusammenbekommt. Und irgendwo in unserem Haus oder in einem Nachbarhaus dürfte es zu Hause angesichts von Homeoffice und Homeschooling mitunter zu eng werden. Berufliche Telefonate werden dann auf dem Balkon im Innenhof geführt. Ohne jetzt zu viel verraten zu wollen: Ich habe bereits viel gelernt.

Viele Lärm-Beschwerden

Mieterschützer berichten seit dem Beginn der Corona-Krise vermehrt von Streit zwischen Nachbarn wegen Lärms. Das, was man früher von den Menschen nebenan nicht einmal mitgekriegt hat, weil man den ganzen Tag im Büro war, wird im Homeoffice zum Ärgernis. Dass in vielen Wohnungen derzeit die Nerven blankliegen, ist verständlich. Aber wohler fühlt man sich zu Hause trotzdem, wenn man sich mit den Nachbarn versteht – und miteinander redet.

"Bin ich eh nicht zu laut?", sagt unser Nachbar, der Musiker, wenn wir ihm im Stiegenhaus begegnen. Aber Nein, sagen wir. Dafür springen wir abends beim Homesporteln ohne schlechtes Gewissen in der Wohnung, dass die Gläser in der Anrichte klirren. Vor der Tür rennt währenddessen der Nachbarsbub, dass es eine Freude ist. Und wenn das Lied vom Nachbarn ein Welthit wird, können wir sagen, wir waren bei der Uraufführung dabei. (Franziska Zoidl, 24.4.2020)