Kurz und Netanjahu pflegen seit Jahren engen Kontakt.

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Der Inner Circle

Social Distancing ist im Kanzleramt kaum möglich: In einem Zweischichtbetrieb schart Kanzler Sebastian Kurz seine engsten Berater um sich, die dafür regelmäßig Stichprobentests über sich ergehen lassen müssen. Eine Schlüsselfunktion kommt Kabinettchef Bernhard Bonelli zu. Kurz holte ihn 2017, nachdem er die ÖVP übernommen hatte, in sein Kabinett im Außenministerium. Befreundet waren die beiden schon zuvor gewesen. Bonelli kümmert sich derzeit um die Koordination zwischen dem Kanzler, den Ministerien und den Bundesländern.

Für die Kommunikation mit Medien ist Johannes Frischmann verantwortlich, der Medienbeauftragte Gerald Fleischmann beschäftigt sich derzeit viel mit Krisenkommunikation und dazugehörigen Kampagnen, die etwa Gerry Foitik vom Roten Kreuz betreut.

Internationales liegt in den Händen von Pressesprecher Etienne Berchtold und der Diplomatin Barbara Jensen; um die Terminkoordination kümmert sich Büroleiterin Lisa Wieser. Für Wirtschaft ist Bonellis Stellvertreter Markus Gstöttner verantwortlich, im Krisenstab sitzt Generalsekretär Bernd Brünner. (mika, fsc)

Glühende Telefone

Österreichs Corona-Abwehrstrategie wäre vielleicht weniger streng ausgefallen, hätte Sebastian Kurz nicht Anfang März mit seinem guten Bekannten, dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu, telefoniert. Netanjahu habe ihn damals "wachgerüttelt", sagte Kurz später in einem Interview für einen israelischen TV-Sender. Erst aufgrund der eindringlichen Warnung des Premiers sei ihm bewusst geworden, wie ernst die Gefahr sei – und dass die meisten europäischen Staaten beim Erlass von Restriktionen viel zu zaghaft vorgingen.

Zweieinhalb Monate später ist es Israel, das auf Österreich schielt. In einer Kabinettssitzung, bei der es um mögliche Exit-Strategien aus dem landesweiten Lockdown ging, habe Netanjahu die Alpenrepublik als Vorbild bezeichnet, berichten israelische Medien. Bereits eine Woche davor hatte der Vorsitzende des Corona-Ausschusses im israelischen Parlament auf Facebook dazu aufgerufen, Israel möge sich Österreich als Vorbild nehmen. Garniert war das Posting mit einer Aufnahme des Schlosses Schönbrunn.

Es sei nur logisch, dass sich Israel an Österreich orientiere, wenn es um Lockerungen gehe, sagt einer, der den Kabinettsverhandlungen am Rande beigewohnt hat, zum STANDARD: "Österreich ist vorgeprescht. Es ist ein Land mit einer ähnlich großen Bevölkerung, aber weit mehr Infektionen und Toten. Da bietet es sich an, dass Israel sich genau anschaut, wie gut das mit den Lockerungen in Österreich klappt."

Ob man daraus schließen kann, dass sich Israel in der Corona-Krise Österreich als Vorbild nimmt? "Eher umgekehrt", meint ein Vertrauter Netanjahus, der nicht genannt werden will. Dass die Regierungen in engem Kontakt stehen, sei aber eine Tatsache, die nicht Corona geschuldet ist.

Blick in den Norden

Sehr gut mit Kurz kommt auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder aus. Im Zuge der Corona-Krise nannte dieser wiederholt Österreich als Vorbild, beispielsweise kurz vor Ostern in der Frage der Maskenpflicht. "Söder fährt auf Sicht, vorne sieht er die Rücklichter Österreichs", kommentierte der bayrische Merkur. Regelmäßig telefoniert wird auch mit Berlin und Kanzlerin Angela Merkel. Strittig ist die Causa Ischgl – Söder macht den Tiroler Ort für viele Infektionen in Bayern verantwortlich.

Davon betroffen sind auch niederländische Touristen. Deren Premier Mark Rutte gilt als Kurz-Intimus, versuchte anfangs, sein Land offen zu halten, schwenkte dann jedoch auch auf den Lockdown um. Immer enger wird die Beziehung mit der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, einer Sozialdemokratin, die rasch wieder die Schulen öffnete. Darüber soll sie sich ausgiebig mit Kurz unterhalten haben. Aber auch Tschechien und Norwegen gehören in den Bund der Länder, mit denen sich Österreich eng abstimmt. (sterk, fsc)