Das deutsche Verfassungsgericht verkündet am 19. Mai sein Urteil zu den weitreichenden Überwachungsbefugnissen des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Ausland.

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Das deutsche Verfassungsgericht verkündet am 19. Mai sein Urteil zu den weitreichenden Überwachungsbefugnissen des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Ausland. Das teilte das höchste deutsche Gericht am Freitag in Karlsruhe mit. Es muss über die Verfassungsbeschwerden von Journalisten gegen das 2017 in Kraft getretene BND-Gesetz entscheiden.

In dem Verfahren geht es um die Befugnisse des BND bei der sogenannten strategischen Fernmeldeaufklärung im Ausland. Geklagt haben die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) und mehrere ausländische Journalisten.

Bei dieser Fernmeldeaufklärung durchforstet der BND ohne einen konkreten Verdacht große Datenströme auf interessante Informationen. Deutsche Bürger dürfen nicht auf diese Weise überwacht werden. Der BND versucht deshalb, ihre Kommunikation vor der inhaltlichen Auswertung auszusortieren. Die gewonnenen Daten werden auch für ausländische Partnerdienste ausgewertet oder an diese weitergegeben.

Zum ersten Mal rechtliche Grundlage

Seit Anfang 2017 gibt es im reformierten BND-Gesetz dafür zum ersten Mal eine rechtliche Grundlage. Die Kläger halten die Vorschriften aber für völlig unzureichend. Der BND dürfe immer noch viel zu viel, eine Kontrolle sei kaum vorgesehen. Außerdem sei es technisch kaum möglich, die Kommunikation von Deutschen vollständig auszusortieren.

Die Kläger machen eine Verletzung des im deutschen Grundgesetz festgeschriebenen Fernmeldegeheimnisses und der Pressefreiheit geltend. Bei der zweitägigen mündlichen Verhandlung im Jänner beschäftigten sich die deutschen Verfassungsrichter vor diesem Hintergrund mit den Kontrollmechanismen im BND-Gesetz, aber auch grundsätzlich damit, inwiefern die Grundrechte Ausländer im Ausland schützen. Auf dem Prüfstand steht auch die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten.

Befugnisse bereits verteidigt

Die deutsche Regierung hatte die Befugnisse des BND in der Verhandlung Mitte Jänner verteidigt. Verlässliche Informationen würden oft binnen Stunden benötigt, sagte der Chef des Bundeskanzleramts, Helge Braun (CDU). Die Informationen der Geheimdienste anderer Staaten könnten verzerrt oder interessengeleitet sein.

Der Bundesnachrichtendienst ist der deutsche Auslandsgeheimdienst. Mit seinen rund 6.500 Mitarbeitern informiert er die deutsche Regierung über Entwicklungen von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung.

Überwachung zwischen 1999 und 2006

Kolportierte Aktivitäten im Ausland, auch in Österreich, brachten den BND in den vergangenen Jahren immer wieder international in die Schlagzeilen und ins Kreuzfeuer der Kritik. 2015 wurde bekannt, dass der Bundesnachrichtendienst "befreundete Länder" aus aller Welt gezielt ausspioniert haben soll. 2018 wurden Vorwürfe laut, der BND habe zwischen 1999 und 2006 systematisch die Telekommunikation zentraler Einrichtungen in Österreich überwacht. Im Februar dieses Jahres berichteten Medien, der Bundesnachrichtendienst und der US-Auslandsgeheimdienst CIA hätten über Jahrzehnte mehr als einhundert Länder ausspioniert. Mithilfe einer Schweizer Firma für Verschlüsselungstechnik unter Kontrolle der beiden Geheimdienste sei es gelungen, den Staaten manipulierte Technologie zu verkaufen und dann vermeintlich sichere Kommunikation abzuhören. (APA, 24.4.2020)