In Dänemark ist es generell üblich, mit den Kindern viel rauszugehen.

Foto: APA / AFP / Ritzau Scanpix / Bo Amstrup

Seit Wochen herrscht europaweit Notbetrieb in Kindergärten und Schulen. Die Strategien für die Rückkehr zum Normalunterricht unterscheiden sich von Land zu Land. Während in Österreich recht schnell ein Plan zur Durchführung der Matura entwickelt wurde, stand in Dänemark die Betreuung junger Kinder an vorderster Stelle.

Am Mittwoch nach Ostern startete dort der Unterricht an den Schulen bis zur fünften Klasse sowie in den Kindergärten. Premierministerin Mette Frederiksen begründete das Vorgehen damit, dass sich die Eltern dadurch wieder auf die Arbeit konzentrieren könnten. Es gebe viel zu tun in Dänemark, formulierte sie es. Die Arbeitskraft der Eltern sollte der Wirtschaft wieder zur Verfügung stehen. Auch in Norwegen und in den Niederlanden wird der Schulbetrieb mit den Kleinsten gestartet.

Für Raphaela Keller, Vorsitzende des Österreichischen Berufsverbands der Kindergarten- und Hortpädagoginnen (ÖDKH), ist der Gedanke nachvollziehbar, auch aus entwicklungspsychologischer Sicht. "Junge Kinder entwickeln sich schneller, diese Entwicklungsfenster gehören genutzt", sagt sie zum STANDARD. Dennoch könne man die dänische Situation mit jener in Österreich nicht vergleichen.

Unterricht im Freien

Denn in Dänemark gibt es ganz andere Voraussetzungen in den Bildungseinrichtungen: Es steht mehr Personal zur Verfügung und auch mehr Grünraum, was in Österreich leider immer noch nicht Standard sei. "Mit den Kindern viel rauszugehen ist üblich", sagt Keller generell über die Einstellung in Dänemark.

In den Kindergärten seien Gummistiefel und Regenjacke für jedes Kind jederzeit griffbereit. Gerade um die Ansteckungsgefahr zu vermindern, ist es ein willkommenes Rezept, viel Zeit mit der Kindergartengruppe im Freien zu verbringen. Das wird in Dänemark derzeit auch praktiziert.

In Österreich seien mitunter Wege mit den Öffis notwendig, um zu Parkanlagen zu gelangen. In Zeiten der Krise also kein gangbarer Weg, so Keller. Was in Dänemark noch dazukommt: Es gebe allgemein ein ganz anderes gesellschaftliches Bewusstsein für Kinderbetreuung: "Die Akzeptanz und Wichtigkeit ist ganz eine andere als hierzulande."

In Österreich zähle der Leistungsgedanke. Dabei sei es derzeit besonders wichtig, nicht die Noten in den Vordergrund zu rücken, sondern das soziale Gefüge, so Keller.

In Deutschland wird der 4. Mai als Datum des schrittweisen Öffnens der Schulen genannt, wobei Abiturprüfungen bereits trotz Krise stattgefunden haben. Jüngere Kinder könnten noch länger zu Hause bleiben.

In der Stellungnahme des Wissenschaftsgremiums Leopoldina zur Bewältigung der Corona-Krise steht, dass Kitas für die jüngeren Jahrgänge bis zu den Sommerferien weiterhin im Notbetrieb bleiben sollten, "da kleinere Kinder sich nicht an die Distanzregeln und Schutzmaßnahmen halten, gleichzeitig aber die Infektion weitergeben können". (Rosa Winkler-Hermaden, 25.4.2020)