In einer Zeit, in der die Regierung jede größere Menschenansammlung verhindern will, ist es verständlich, dass sie auch bei Demonstrationen restriktiv vorgeht und diese im Notfall untersagt. Aber das Verbot einer Mini-Kundgebung gegen genau diese Corona-Maßnahmen am Freitag war unverhältnismäßig und undemokratisch.

Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes rechtsstaatliches Gut, wichtiger als das Recht auf einen Theaterabend oder ein Fußballspiel. Deshalb müssten die Behörden hier mehr Nachsicht walten lassen, wie es auch einige Gerichte in Deutschland getan haben.

In der Wiener Innenstadt hat am Freitagnachmittag eine Kundgebung gegen das Corona-Maßnahmenpaket der Bundesregierung stattgefunden.
Foto: Heribert Corn

Stattdessen schlug die Polizei einen Zickzackkurs ein: Erst wurde die Demo verboten, dann zugelassen, dann wieder verboten und schließlich, als sie mit deutlich mehr als den fünf angemeldeten Teilnehmern trotzdem stattfand, mit Hinweis auf den fehlenden Mindestabstand aufgelöst. Das war zwar rechtlich gedeckt, gab aber den Demonstranten – unter ihnen Identitären-Chef Martin Sellner – die Chance, sich als Opfer einer Willkürherrschaft aufzuspielen. Die Rufe "Wir sind das Volk" kennt man aus DDR-Zeiten und von rechtsextremen Pegida-Aufmärschen.

Für die Veranstalter ist dies ein Propagandaerfolg. Sie halten die Corona-Maßnahmen für überflüssig und werfen der Regierung vor, den Rechtsstaat zu verletzen und Kritiker mundtot zu machen. Ihre Argumente sind schwach. Aber fast scheint es so, als würden die Behörden alles daran setzen, damit sie doch noch recht bekommen. (Eric Frey, 24.4.2020)