Leser Erich F. schlägt vor, den Begriff "Hochfahren" zum "Unwort des Jahres" zu erklären. Alles werde "hochgefahren" – die Wirtschaft, die Schule, zuletzt sogar Kindergärten (auch in einem STANDARD-Titel).

Schulen sollen wieder schrittweise geöffnet werden.
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Da ist was dran. "Hochfahren" ist ein Terminus aus der Techniksprache. Kernreaktoren werden etwa hochgefahren. Die Pastoraltheologin Regina Polak von der Uni Wien hat sich ausführlicher Gedanken gemacht über diesen merkwürdigen Wortgebrauch:

"Soziale, ökonomische, politische, menschliche Zusammenhänge, die wir derzeit in ihrer Verletzbarkeit schmerzhaft erleben, werden mit dem Neustart eines Computers verglichen. Welche Folgen hat das? (…) Wie groß ist der Handlungsspielraum beim ‚Hochfahren‘? Wie groß ist die Freiheit beim Drücken des ,Restart‘-Knopfs? Wer darf drücken, wer nicht? (…) Sind wir Rädchen im Getriebe eines Systems, das hochgefahren wird? Oder Maschinenantreiber? Oder der Akku?"

Solche Überlegungen kommen wohl aus dem zunehmenden Gefühl des Kontrollverlusts, das viele angesichts der Antivirus-Maßnahmen befällt. Ja, es erschien uns notwendig, und wir haben uns entsprechend verhalten. Ja, wir müssen immer noch darauf achten.

Aber langsam sollten wir das eigene kritische Denken wieder hochfahren. Und, wie eben jetzt der Bundespräsident, darauf dringen, dass die Einschränkungen der Grundfreiheiten nicht hochgefahren bleiben. (Hans Rauscher, 24.4.2020)