Österreichs Handel scharrt in den Startlöchern. Der Verkauf über die Rampe sorgt für Zwist in der Branche.

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Wien – Online bestellen, im Geschäft abholen: Was für Händler als sicheres Rezept gilt, um zumindest einen kleinen Teil ihrer Umsatzeinbußen durch den Shutdown auszubügeln, ist in der Politik hart umstritten. Nicht alle in der Regierung hielten es für klug, dem Handel dieses Geschäftsmodell in Zeiten von Corona zu verwehren. Letztlich einigte man sich jedoch auf ein Verbot für sogenanntes Click & Collect. Und dieses gilt auch weiterhin für alle jene Unternehmen, die nach wie vor geschlossen halten müssen.

Dennoch beginnt die Front jener Händler, die sich daran halten, zu bröckeln. Kleine Elektroanbieter etwa versuchten sich bereits vor einigen Wochen im Rampenverkauf. Nun ziehen große Unternehmen nach. Hervis etwa bietet das Abholen von Waren in neun Filialen an. Offiziell geöffnet haben bisher nur vier. Alle anderen sind entweder in Einkaufszentren oder haben Verkaufsflächen von mehr als 400 Quadratmetern.

Eingriff in Erwerbsfreiheit

Auch Thalia verkauft vor seinen Geschäften Bücher. Die Einrichtungsriesen Lutz und Ikea wollen Informationen von Ö1 zufolge demnächst nachfolgen – zu einem Zeitpunkt, an dem ihre Standorte noch geschlossen halten müssen.

Dem Gesundheits- und Sozialministerium zufolge ist das verboten. Mehrere österreichische Händler berufen sich dabei jedoch auf ein von ihnen in Auftrag gegebenes aktuelles Gutachten, erfuhr DER STANDARD. Dieses sieht in der Regelung der Bundesregierung einen nicht verfassungskonformen Eingriff in die Erwerbsfreiheit.

Demnach sei die Übergabe von Waren auf einem Parkplatz durchaus zulässig, da sich dieser außerhalb des Bereichs der Kaufanbahnung befinde. Auch ließe sich dabei ein Meter Abstand zwischen den Kunden einhalten. An der Vorgabe – pro 20 Quadratmeter nur ein Kunde – scheitere Click & Collect ebenso wenig.

Mehrere Anzeigen

"Wir haben Click and Collect nur dort gemacht, wo es sinnvoll möglich ist, dass die Verkaufsfläche nicht betreten wird", sagte Oliver Seda von der Rechtsabteilung der Sporthandelskette Hervis im Ö1-Gespräch. Dort, wo davor Parkplätze seien, könne sich der Kunde die bestellte Ware abholen. Er werde derzeit nicht ins Geschäft gelassen. Auf zwei Anzeigen, die sich Hervis deswegen bisher einhandelte, reagiert Seda gelassen. Er sehe keine rechtliche Grundlage, warum Click & Collect in dieser Form nicht zulässig sein sollte.

Ikea weist auf den großen Interpretationsspielraum der Verordnung hin. Der Wirtschaftssprecher der Neos, Sepp Schellhorn, unterstützt die Wirtschaftstreibenden in ihrer Auslegung. "Es findet sich meines Erachtens keine Verordnung, die das verbietet." Es fehle hier an klaren Regelungen.

Rainer Will, Chef des Handelsverbands, hatte von Anfang gefordert, das Modell zuzulassen, um den wirtschaftlichen Schaden der Unternehmen geringer zu halten. Es konterkariere in keiner Weise die gesundheitspolitischen Ziele, betont er nun erneut. Die Wirtschaftskammer übt sich in Diplomatie: Sie empfiehlt Click & Collect nicht, versteht aber die Auslegung der Verordnung. (Verena Kainrath, 25.4.2020)