Am Samstagnachmittag wurde mit Aluhut demonstriert.

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Obwohl die Polizei die Kundgebung untersagt hatte, kamen am Freitagnachmittag bis zu 200 Menschen zusammen, um gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen der Regierung zu demonstrieren. Es war eine bizarre Mischung von Leuten, die sich ausgerechnet beim Mahnmal gegen Krieg und Faschismus vor der Albertina in Wien versammelte.

Neben Maria Stern, der ehemaligen Chefin der Liste Pilz, waren bekannte Staatsverweigerer, Impfgegner und Rechtsextremisten vor Ort. Darunter auch der Identitären-Anführer Martin Sellner, der auch von mehreren anwesenden Kamerateams interviewt wurde. Ein Live-Interview oe24-TV wurde von einem Aktivisten gestört, der Sellner als "Faschisten" bezeichnete und ein selbstgemaltes Plakat mit dem Text "Das Virus heißt Nationalismus. Der Impfstoff heißt Solidarität und Empathie" in die Kamera hielt. Danach stand Sellner einem Kamerateam von Ruptly, besser bekannt als Russia Today, Rede und Antwort.

Das Interview mit dem Rechtsextremisten Martin Sellner wird gestört.
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Die Demoteilnehmer zum Grund ihres Erscheinens gefragt, bekam man alles zu hören, was das Internet gerade an Corona-Verschwörungstheorien hergibt. Das Virus werde etwa über den neuen Mobilfunkstandard 5G übertragen, Microsoft-Mitbegründer Bill Gates stecke hinter der Pandemie oder Bundeskanzler Sebastian Kurz wolle mit den Grünen eine "linke Diktatur" errichten. Dazwischen tönte es Parolen wie "Wir sind das Volk" oder "Wir lassen uns nicht impfen". Einige Impfgegner traten besonders lautstark auf. Sie behaupten, dass es Viren grundsätzlich nicht gebe und diese eine Erfindung der Pharmaindustrie seien.

Demo-Teilnehmer mit Masken.
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Die Kundgebung am Freitag. Zeitweise tummelten sich fast 200 Menschen auf dem Helmut-Zilk-Platz vor der Albertina.
Foto: Heribert CORN

Bereits vor der Corona-Krise gab viele Gerüchte rund um diesen neuen Mobilfunkstandard 5G – erst seit ein paar Wochen kursiert die These, dieser würde angeblich die Erkrankung auslösen, wofür es laut WHO keine Belege gibt. Auch spricht gegen diese Behauptung, dass Covid-19 in einigen Ländern verbreitet ist, die beim 5G-Ausbau hinterherhinken – wie etwa Frankreich. In Großbritannien und den Niederlanden wurden deswegen bereits Mobilfunkmasten angezündet.

NS-Verharmlosung und Antisemitismus

Eine Demo-Teilnehmerin bezeichnete sich und andere als "die Juden, weil wir wieder im Faschismus angelangt seien". Damals ging "man auf die los", nun seien Bürger, wie sie, an der Reihe. Eine Verharmlosung des NS-Terrors. Eine andere Dame wiederum vermutete die "Israeliten" hinter dem Virus. Die so Geld machen wollen. Zwischen den Antisemiten und Verschwörungstheoretikern waren auch Menschen zu finden, die die Wiederherstellung der Grundrechte, wie Versammlungsfreiheit, forderten.

Die Kundgebung wurde nach über zwei Stunden von der Polizei aufgelöst, die mit einigen Dutzend Beamten und Beamtinnen vor Ort war. Ein Mann wurde festgenommen, da er sich weigerte seinen Ausweis zu zeigen.

Aluhut am Kanal

Am darauffolgenden Tag versammelten sich am Nachmittag rund 30 Menschen bei der Schwedenbrücke am Wiener Donaukanal, um erneut gegen die Maßnahmen der Regierung zu demonstrieren. Neben Aktivisten und Aktivistinnen, die schon am Vortrag dabei waren, gesellte sich auch eine Frau mit einem Aluhut zu der Gruppe. Sie "glaube nicht an das Coronavirus", erklärte sie. Dieses sei eine Erfindung der Medien und der Mächtigen. Den Aluhut, eigentlich eine um den Kopf gewickelte Alufolie, trage sie, damit sie "frei denken" könne.

Mit dem Aluhut bei der Kundgebung am Samstag.

Andere Teilnehmer warnten vor dem Impfen und der Einschränkung der Meinungsfreiheit. Allen war gemeinsam, dass sie die Maßnahmen der Regierung für überbordend halten. "Wo sind die tausenden Toten, von denen Herr Kurz gesprochen hat", fragte eine Frau. Sie betonte auch, dass Händewaschen ausreiche, um sich zu schützen.

Nach einer Stunde war auch dieser Aufzug vorbei. Auch in Deutschland sind in den vergangenen Wochen Verschwörungstheoretiker und Rechtsextremisten auf die Straße gegangen. (Markus Sulzbacher, 26.4. 2020)