Bild nicht mehr verfügbar.

ÖVP und Grüne versprechen einmütig, dass sie trotz aller Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Erkrankung niemanden zwingen wollen, sich per App digital verfolgen zu lassen.

Foto: Getty Images

Am Dienstag werden im Nationalrat die nächsten Corona-Pakete behandelt.

Foto: APA

Die Corona-Pakete werden mehr und mehr: Nach der Nationalratssitzung am Dienstag dürften es, wie die Austria Presseagentur (APA) errechnet hat, vermutlich bereits an die 18 Maßnahmenbündel sein, die die türkis-grüne Regierung geschnürt hat, um die Pandemie, die das neuartige Coronavirus ausgelöst hat, so gut wie – aus ihrer Sicht – möglich in Schach zu halten.

Ein Punkt auf der Agenda ist dabei besonders umstritten: die Änderung des Epidemiegesetzes, mit der Veranstaltungen auf bestimmte Personengruppen eingeschränkt "oder an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen und Auflagen" gebunden werden können sollen. Dieses Gesetz soll bis Ende 2021 befristet die Rahmenbedingungen für ein Corona-Screening-Programm schaffen, mit dem Regionen ermittelt werden können, die besonders von Covid-19 betroffen sind. Neos, SPÖ und FPÖ befürchten, dass damit die Corona-App des Roten Kreuzes quasi zur Eintrittskarte für verschiedene Events werden könnte – also eine indirekte Verpflichtung zur Nutzung der App, zumindest für jene, die von bestimmten Veranstaltungen nicht ausgesperrt werden möchten.

Die türkis-grüne Regierung hat das bis jetzt mit Nachdruck bestritten und angekündigt, bis Dienstag noch an den Formulierungen arbeiten zu wollen, um Missverständnisse zu verhindern. Und beide Parteien unterstrichen diese Position auf STANDARD-Anfrage auch am Sonntag.

Türkis-Grün weist Pflicht zur Corona-App zurück

ÖVP-Klubobmann August Wöginger wies etwaige Bedenken vor einer möglichen Zwangs-App zurück. "Niemand wird ausgesperrt. Das Gesetz macht Versammlungen überhaupt erst möglich. Die Gesetzesänderung hat auch nichts mit der App zu tun. Wenn notwendig, werden wir noch Änderungen vornehmen."

Die Klubobfrau der Grünen, Sigi Maurer, erklärte erneut, dass die Formulierung "bestimmte Personengruppen" beispielsweise auf Sportler abziele: "Bei einer Sportveranstaltung dürfen die Spielerinnen und Spieler teilnehmen, aber kein Publikum." Laut Maurer wird an einer Präzisierung gearbeitet, "die eine nicht intendierte Auslegung des Paragrafen verunmöglicht". Ausdrücklich betont sie das, was Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler seinerseits bereits am Freitagabend in der "ZiB spezial" garantiert hat, nämlich dass die App freiwillig bleibe. Maurer dazu: "Eine indirekte Verpflichtung zur App ist für uns absolut ausgeschlossen, ebenfalls darf es keine Einschränkungen für Risikogruppen oder ältere Menschen geben – nichts davon ist mit diesem Paragrafen beabsichtigt. Es geht ausschließlich darum, statt wie derzeit Veranstaltungen komplett zu verbieten, diese unter bestimmten Auflagen wieder zu ermöglichen."

Familienbeihilfe, Notstandshilfe, Video-Gerichtsverfahren

Weniger missverständlich und mit mehr Wohlwollen auch von der Opposition aufgenommen werden dürften hingegen ein paar andere Inhalte der anstehenden Parlamentssitzung, etwa Erleichterungen bei der Familienbeihilfe für Studierende und beim Krankengeld sowie eine genauere Definition, wie mit Risikogruppen am Arbeitsplatz umgegangen werden soll. Die Notstandshilfe für die Monate Mai bis September soll auf das Ausmaß des Arbeitslosengeldes erhöht werden. Für Künstler, die ja derzeit so gut wie keine Einkünfte haben, wird ein Zugang zum Härtefallfonds gelegt.

Außerdem soll nun auch in Zivilverfahren per Video getagt werden dürfen (wenn die Verfahrensparteien die notwendige Ausrüstung haben und einverstanden sind). An den Gerichten ist Corona-bedingt ein Rückstau von rund 30.000 Verfahren entstanden.

Prüfunterausschuss im Parlament?

Dass die Regierungsparteien einem von der Opposition definierten Unterausschuss mit ausladenden Kontrollrechten für die Vergabe der Corona-Hilfen zustimmen, ist unrealistisch, ein Kompromissmodell aber durchaus ein Ding der Möglichkeit.

Mehr Transparenz, Einbindung von Opposition und Sozialpartnern sowie zumindest eine kurze Begutachtung der Corona-Gesetze wünschte sich auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) in der ORF-Pressestunde. (Lisa Nimmervoll, 26.4.2020)