Die Kinos sind im Wartemodus: Viele Abstimmungen müssen getroffen werden, bevor sie wieder öffnen werden – dann alle gemeinsam.

Foto: Gabriele Scherndl

Die Kinos sind weiterhin geschlossen, die Filmdrehs gestoppt. Fragt man bei jemandem aus der Filmbranche nach, wann es endlich weitergehen soll, bekommt man jedoch stets dieselbe Antwort zu hören: "So bald wie möglich."

Die Voraussetzungen, unter denen das in Covid-19-Zeiten überhaupt möglich sein wird, müssen erst durch die Politik formuliert werden. Und hierbei scheinen sich manche Teile der Branche übergangen zu fühlen. Die beiden Produzentenverbände bezeichneten sich vergangene Woche in einer Aussendung gar als "Die Ausgesperrten".

Die Turbulenzen nach der Pressekonferenz von Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) haben zwar zu Verzögerungen geführt, doch der Dialog sei intakt, versichert Produzent Alexander Dumreicher-Ivanceanu ("Amour Fou") auf STANDARD-Anfrage – "Um was es jetzt gehen sollte, sind rasche Ergebnisse". Am Mittwoch trifft sich eine Runde aus Film- und Förderexperten mit Lunacek, um Maßnahmen zu besprechen.

Im Kern geht es um drei Punkte im Film- und Fernsehproduktionsbereich, die am Montag auch in einem offenen Brief des Dachverbands der Filmschaffenden sowie der Wirtschaftskammer an die Regierung genannt wurden. Für deren Umsetzung sind mehrere Ministerien zuständig. Besonders akut ist die Frage, unter welchen Bedingungen gedreht werden könne. Dumreicher-Ivanceanu: "Es braucht einen Zeitplan und Vorgaben, um die Planungssicherheit zu gewährleisten."

Geteste Filmteams

Wie die Sicherheitsmaßnahmen am Set konkret aussehen, darüber wird momentan noch debattiert. Die Teams testen zu lassen ist eine – allerdings kostspielige – Möglichkeit. "Wenn alle getestet sind, spricht auch nichts dagegen, dass sich Schauspieler nahe kommen", so Dumreicher-Ivanceanu. Auch Pooltests wären ein gangbarer Weg. Für die Produzentin Viktoria Salcher (Prisma Film) ist überdies eine fünftägige Quarantäne des Kernteams – ähnlich dem "ZiB"-Modell – vorstellbar.

Ein weiterer offener Punkt: die "Absicherung der Branche für wiederaufgenommene Dreharbeiten". Damit ist eine Ausfallversicherung gemeint, die im Fall eines Abbruchs durch eine zweite Ausbruchswelle von Covid-19 schlagend wird. Nur wenn es einen Haftungsfonds gibt, der in einem solchen Fall Verluste ausgleicht, sei eine Wiederaufnahme ratsam, ist man sich einig, denn die Folgen eines weiteren Hiatus wären desaströs.

Der dritte Punkt betrifft die schon vorhandenen finanziellen Schäden, "stranded costs", die Dumreicher-Ivanceanu für den Film- und TV-Produktionsbereich auf rund 27 Millionen Euro beziffert. Das zentrale Problem der Branche: Hilfsmaßnahmen wie die Kurzarbeitsregelung waren für weite Teile der Kreativszene kein gangbarer Weg, weil kaum jemand die Erfordernisse erfüllte. Notkollektivverträge, also ein Aussetzen der Vertragsleistungen bei einem weiteren Ausbruch, sind nur dann möglich, wenn es auch Kurzarbeits- oder Arbeitslosenadaptionen für Betroffene gebe.

Multiplexe mit weniger Content

Für die Öffnung der Kinos stellt sich nicht nur die Frage der Sicherheitsmaßnahmen, sondern auch jene, welche Filme überhaupt zur Verfügung stehen. Fast alle US-Blockbuster wurden aus dem Sommer abgezogen, was vor allem die Multiplexe vor logistische Probleme stellt. Die Cineplexx kommentierte auf Anfrage nur, dass man mit dem Ministerium in Verhandlungen stehe.

Filmladen-Verleihchef Michael Stejskal indes bekräftigt, dass die heimischen Kinos planen, gemeinsam aufzusperren – alles andere "wäre nicht sinnvoll". Was er sich vorstellen könne, ist eine Abstandsregel, bei der jeweils ein Sitz frei bleibt, mithin die Hälfte des Fassungsvermögens genützt wird – Maskenpflicht im Kinosaal ist für ihn derzeit keine Option.

Aber auch wenn die Rahmenbedingungen stimmen, sind selbst Programmkinos von der internationalen Entwicklung abhängig. "Viele Starttermine sind mit Deutschland akkordiert." Eingedenk all dieser Eventualitäten wird die Öffnung wohl frühestens im August möglich sein. (Dominik Kamalzadeh, 28.4.2020)