Wer hat wann wen getroffen? Die Handy-App soll das zeigen. Die Opposition glaubt an eine Hintertür im neuen Epidemiegesetz, die App sei dann verpflichtend.

Foto: APA/ Herbert Neubauer

Es sind Horrorszenarien, die von der Opposition gezeichnet werden: SPÖ-Vizechef Jörg Leichtfried warnt davor, dass Betriebsräte von Betriebsversammlungen ausgeschlossen oder Pensionisten der Zutritt zu Veranstaltungen versagt werden könnte; die Neos sehen "autoritäre Tendenzen" und die FPÖ gleich den "Corona-Wahnsinn", gegen den sie nun Unterschriften sammelt.

Neuester Auslöser der Aufregung ist das Epidemiegesetz, das reformiert werden soll. In der geplanten Version, die heute, Dienstag, den Nationalrat passieren soll, ist eine Einschränkung von Veranstaltungen auf bestimmte Personengruppen vorgesehen.

Für Leichtfried ist das "klar verfassungswidrig", weil es schwammig definiert sei. Im Grunde könne damit jede Gruppe von jedweder Veranstaltung exkludiert werden, sagt die SPÖ. Auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian (SPÖ) ist dieser Ansicht. Die Opposition befürchtet weiterhin, dass die Regierung über die Hintertür eine verpflichtende Corona-App einführen und diese an das Epidemiegesetz koppeln will.

Kritik "schmerzt" Grüne

Die Regierungsparteien zeigten sich indes für Verbesserungen offen. Vor allem die Grünen setzten zu einer Offensive in den sozialen Medien an. "Aktuell gibt es, was Veranstaltungen aller Art betrifft, nur ein Entweder-oder", schrieb der grüne Sicherheitssprecher und Anwalt Georg Bürstmayr.

Die Neufassung des Gesetzes erlaube es Behörden zu differenzieren: Sie könnten dann Sportveranstaltungen ohne großes Publikum oder Konzerte im kleinen Rahmen erlauben – und auch Demonstrationen mit Abstand. Misstrauen gegen die Regierung gehöre zwar zur Demokratie, "dass die Opposition Schwarz-Grün die Absicht unterstellt, mit dieser Novelle Menschen diskriminieren oder sie zu etwas zwingen zu wollen, schmerzt" aber trotzdem, klagte Bürstmayr.

Auch ÖVP-Klubobmann August Wöginger stellte klar: "Niemand wird ausgesperrt, das Gesetz macht Versammlungen erst möglich."

Um schon vor der Nationalratssitzung am Dienstag zu einem Konsens zu kommen, wurde am Montagnachmittag ein Treffen zwischen Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Abgeordneten aller Fraktionen anberaumt. Bei diesem Termin sollten Verbesserungsmöglichkeiten beim Epidemiegesetz diskutiert werden, die Regierung wollte der Opposition noch einen neuen Vorschlag übermitteln.

Das Epidemiegesetz ist nicht der einzige große Brocken, der im Nationalrat auf dem Programm steht. Für Dienstag sind 36 Tagesordnungspunkte vorgesehen, schon am Montag liefen Ausschüsse auf Hochtouren. Beispielsweise der Geschäftsordnungsausschuss: Dort wurde beschlossen, dass der Ibiza-Untersuchungsausschuss um drei Monate verlängert werden kann. Eigentlich hätte dieser schon nach Ostern erste Befragungen durchführen sollen. Nun kann erst Mitte Mai eine Ladungsliste beschlossen werden.

Debatte über strittigen Erlass

Gesprächsbedarf gab es auch im Innenausschuss, wo Minister Karl Nehammer (ÖVP) eingeladen war. Er sollte mit Abgeordneten unter anderem über einen umstrittenen Erlass seines Ressorts sprechen: den Einreisestopp für Asylwerber ohne Gesundheitszeugnis in der Corona-Krise.

Die Neos fordern von der Regierung, dass Geflüchtete auch während der Krise um Asyl ansuchen dürfen. Wie bei der Einreise über den Flugweg sollen die Personen für zwei Wochen in Quarantäne genommen werden. Die Änderung könnte schneller kommen als gedacht: Das Gesundheitsressort von Anschober kündigte eine Klarstellung für Asylwerber an.

Ins Leere liefen die Neos damit, einen anonymisierten Corona-Gesundheitsdatensatz für Wissenschafter durchzusetzen. Diese Daten sollten auch mit jenen aus der EU verquickt werden, so der Plan. Dass es diesen Zugang nicht gibt, sei ein "untragbarer Zustand", sagt Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. (Jan Michael Marchart, Fabian Schmid, 28.4.2020)