ORF-Chef Alexander Wrabetz rechnet Corona-bedingt mit 29 bis 50 Millionen Euro Minus für Österreichs größten Medienkonzern.

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Was kosten das Coronavirus und die Maßnahmen dagegen den ORF, Österreichs weitaus größten und gebührenfinanzierten Medienkonzern? ORF-Chef Alexander Wrabetz legte seinen Stiftungsräten am Montagnachmittag zwei Szenarien vor. Das optimistischere geht nach STANDARD-Infos von 28,6 Millionen Euro operativem Minus 2020 aus statt des geplanten ausgeglichenen Budgets. Das dramatischere Szenario erwartet minus 50 Millionen. 2021 könnten sich diese Verluste auch gleich wiederholen.

40 Millionen weniger Werbung, zehn Millionen weniger GIS

Die optimistischere Variante geht von mehr als 40 Millionen Euro weniger Werbeeinnahmen aus als für 2020 geplant – 34 Millionen aus klassischer Werbung, weitere sechs aus Sonderwerbung. Gut zehn Millionen Euro weniger erwartet dieses Szenario aus den GIS-Gebühren. Die historischen Höchstwerte von Menschen ohne Arbeit schlagen sich in den Rundfunkgebühren nieder – Arbeitslose unter einem bestimmten Haushaltseinkommen können sich von der GIS befreien lassen. GIS-Geschäftsführer Harald Kräuter erwartete auf STANDARD-Anfrage "erhebliche" Abmeldungen.

Was der ORF für 2020 geplant hatte

Der Finanzplan für 2020, den der Stiftungsrat im Dezember verabschiedet hat, sah Umsatzerlöse von 977,6 Millionen Euro für den ORF ohne Töchter vor, der Konzernumsatz sollte 2020 bei 1,03 Milliarden Euro zu liegen kommen. Die Werbeeinnahmen (TV, Radio und Online ohne Sonderwerbung) wurden mit 210,8 Millionen Euro budgetiert, die Erlöse aus dem Programmentgelt sollten auf 647,2 Millionen Euro steigen.

20 Millionen für Corona-Maßnahmen und -Programme

Im optimistischeren Corona-Szenario fehlen dem ORF neben Werbe- und GIS-Einnahmen noch fast 30 weitere Millionen gegenüber dem Finanzplan für 2020 – je zehn Millionen Euro für Corona-Maßnahmen und zusätzliche Programme, dazu kommen etwa auch geringere Wertpapiererlöse.

Aber Corona bedeutet auch Einsparungen gegenüber dem Finanzplan für 2020 – vorerst jedenfalls: Rund 30 Millionen Euro erspart sich der ORF alleine durch die auf 2021 vertagten Sportgroßereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft und die Olympischen Sommerspiele. Kurzarbeit, Personal- und andere Einsparungen bringen mehr als 20 Millionen.

28,6 Millionen Minus – oder 50 Millionen

Das bedeutet unter dem Strich 28,6 Millionen Euro operatives Minus – gegenüber einem geplant ausgeglichenen Ergebnis.

Das dramatischere Szenario geht nach STANDARD-Infos von 26 Prozent statt 16 Prozent weniger Werbeeinnahmen und 8,9 statt sieben Millionen* weniger GIS-Einnahmen aus. Damit würde der ORF dann nach den am Montag vorgelegten Berechnungen auf 50 Millionen Minus 2020 kommen.

Sportjahr 2021 ballt Kosten

Und das Minus-Szenario könnte sich 2021 wiederholen, das wollen jedenfalls Sitzungsteilnehmer so von ORF-General Wrabetz vernommen haben: Die Kosten für die vertagten Sportgroßereignisse würden auf das kommende Jahr vertagt – und träfen dort auch noch auf alpine und nordische Skiweltmeisterschaften. Für die Quoten im Jahr der nächsten Generalsbestellung – gerade für den Premiumsportkanal ORF 1 – eine Traumkonstellation. Wenn sie sich nur in ausreichend Werbeeinnahmen umsetzen lassen, ergänzt da der Kaufmann.

Keine Sondersitzung im Mai

Die wirtschaftlichen Corona-Folgen für den ORF waren das zentrale Thema des Sonder-Finanzausschusses am Montag. Die Unterlagen darüber langten nach STANDARD-Infos aber erst kaum eine Stunde vor Beginn der über Skype abgewickelten Sitzung ein. Wie berichtet, hatte der Salzburger ORF-Stiftungsrat Matthias Limbeck genauere Informationen und Daten in den Tagen vor der Sitzung eingemahnt. Seine zehn Fragen zum Thema sollen Wrabetz und Finanzdirektor Andreas Nadler teils in der Sitzung des Finanzausschusses am Montag beantwortet haben, die übrigen Antworten wollen sie laut Sitzungsteilnehmern schriftlich nachliefern. Limbeck hatte laufendes Monitoring der Entwicklung und Information darüber gefordert.

Die von Limbeck ebenfalls verlangte Sondersitzung des ORF-Finanzausschusses im Mai zum weiteren Corona-Monitoring wird es nicht geben. Im Mai dürfte es noch keine Möglichkeit für persönliche Sitzungen geben, hieß es im ORF. Auch die Sitzungen des ORF-Publikumsrats sind bis Anfang Juli abgesagt. Der ORF-Stiftungsrat, das entscheidende ORF-Gremium, soll Ende Juni das nächste Mal zusammentreten. (fid, 27.4.2020)