"Are You the One?"-Moderator Jan Köppen mit seiner Single-Parade.

Foto: TVNow.at / Markus Hertrich

Ferhat wuchtet seine Muskeln heran. Er schaut Aline an und sagt: "Komm her." Mehr nicht. Die Keule und das Bärenfell sind wohl noch in der Garderobe. Tiefer Seufz.

Dabei hätte "Are You The One?" (derzeit auf der Streamingplattform TV Now, ab 6. Mai immer mittwochs um 20.15 Uhr auf RTL) das Potenzial gehabt, eine tatsächlich und aufrichtig interessante Datingshow zu werden.

Der Plot: 20 Singles werden in eine Villa in Südafrika verfrachtet, wo sie einander pattexmäßig verkuppeln müssen – so weit so aus einschlägigen Formaten bekannt. Der wirklich neue Punkt: Diesmal haben Beziehungs-Experten im Vorfeld festgelegt, welche Paarungen ein ideales "Match" wären, also laut einem Psycho-Katalog aus Werten und Vorlieben perfekt zusammenpassen. Wer der jeweils algorithmisch berechnete Traumpartner ist, das muss die Kandidatenschaft jedoch selbst herausfinden. Nur wenn sich am Ende der zehn Folgen auch die zehn "Perfect Matches" gefunden haben, gibt es das Preisgeld von 200.000 Euro.

Theoretisch könnte das verfilmte Parship-Prinzip also die gar nicht so unspannende Frage beantworten, ob sich Liebe tatsächlich am Reißbrett planen lässt, ob gleiche Hobbys und ähnliche Anschauungen final über rein hormonelle Anziehung siegen könnten. Oder mit raffinierten Plot-Twists aufwarten, wenn sich die Triebe durchsetzen und Paare finden, die nicht der Vorsehung der Experten entsprechen (was dazu führen würde, dass das Preisgeld der Restgruppe sinkt).

Könnte, würde – tut es nicht. Denn natürlich haben die humanistischen Macher von RTL die stereotypsten Charaktere gefunden, die Instagram hergibt, ist das Personal in etwa so divers wie die Fritten in einer Pommes-Tüte. Das Testosteron-Material entspricht einer McFit-Klassenfahrt, die Frauen sind entweder Model oder "Content Creator". Alle gestriegelt, toupiert, lackiert, hochgeschoben und zwangsoptimiert, einander so ähnlich, dass die Qual der Wahl der Qual des Auseinanderhaltens weicht. Es gibt keinen Dicken, keine Introvertierte, keinen Nerd, keine Intellektuelle – niemand, der die Gleichförmigkeit durchbrechen und im Kopulationsreigen für Überraschungen sorgen könnte.

So trifft Fitnesstrainer auf Influencerin und Influencer auf Fitnesstrainerin, die Namen sind austauschbar und erwartbar wie die Persönlichkeiten. Nach zehn Minuten fühlen sich Model Dominic und Immobilienmaklerin Melissa füreinander bestimmt, weil sie beide Ziele haben (welche, bleibt offen, es steht zu vermuten: mehr Follower), Gogo-Tänzerin Maddie ist schockverliebt, als BWL-Student Ferhat kurz unter seinen Bi-, Tri- und Quadriceps blicken lässt ("Krass, mal eine ganz andere Fassade von dir zu sehen!") – der aber begeistert sich leider mehr für Aline, optisch, vor allem aber "charakteristisch" voll sein Typ.

Das macht "Are You The One" nach klassischen Trash-Kriterien zwar zur erwartbar amüsanten Dümmelei – doch das Inszenierungsbesteck hätte mit einem interessanteren Cast wesentlich mehr hergegeben. (Nana Siebert, 28.4.2020)