Sandro Platzgummer wird das nächste Jahr bei den New York Giants verbringen.

Foto: Platzgummer

Sandro Platzgummer muss sich noch gedulden. Wann er zu den New York Giants stoßen kann, ist Corona-bedingt noch nicht klar – dass diese den Tiroler Runningback zu sich geholt haben, ist aber schon ein Meilenstein in Österreichs Footballgeschichte. Im STANDARD-Interview spricht der 23-Jährige über seine möglichen Rollen in New Jersey und über das Trainingslager des International Pathway Program.

STANDARD: Wie läuft das ab, wenn einen die New York Giants willkommen heißen? Wer ruft da an?

Platzgummer: Das war der Athletikdirektor. Ich habe den auch noch nicht gekannt, da gibt es ja unzählige Leute, die für diese Organisation arbeiten. Heute ruft mich noch der Head Coach an, der mir sagt, wie es weitergeht. Das meiste ist ja noch vor mir.

STANDARD: Hat sich vorher jemand bei Ihnen gemeldet?

Platzgummer: Mir hat einmal ein Team geschrieben. Ich habe gewusst, zu welchen vier Teams wir kommen, wenn wir nicht gedraftet werden. Da wird begutachtet, wo ich am besten dazu passen würde und wo ich die beste Chance habe, erfolgreich zu sein. Ich weiß nicht, wer dann entschieden hat, dass es dann New York ist.

STANDARD: Suchen das nicht die Teams aus?

Platzgummer: Im Grunde schon, sie geben Empfehlungen ab. Wie es genau abgelaufen ist, weiß ich nicht. Wenn nur ein Team sagt, sie hätten gerne den Sandro, und die anderen Teams wollen jemand anderen, dann wäre ich wahrscheinlich zu dem Team gekommen. Aber ich weiß zum Beispiel, dass ein Cowboys-Coach ein Wort für mich eingelegt hat, also gehe ich davon aus, dass die Cowboys und die Giants angemeldet haben, dass sie mich gerne hätten. In dem Fall entscheiden die Football Operators von NFL International, die das Programm leiten, wo es am meisten Sinn macht. Die wollen die Leute ja nicht wohin schicken, wo sie weniger Chancen haben.

STANDARD: Heißt das, es hat Sie vor dem Draft jemand aus einer anderen Division angerufen [die neun Spieler des IPP hätten von allen Teams vor der Zuteilung auf gewöhnlichem Wege gedraftet werden können, Anm. d. Red.]?

Platzgummer: Geschrieben, ja. Aber das tun sie oft mal, ohne dass da viel dahinter ist. Vielleicht hätte ich einen Trainingsvertrag bekommen, wenn ich jetzt nicht zu einem Team gekommen wäre – aber das weiß ich nicht.

STANDARD: Sie haben ja gewusst, dass am Samstag um zwei Uhr jemand anruft?

Platzgummer: Ja, und dass ich am Montag vom Team angerufen werde.

STANDARD: Die haben Ihnen am Samstag also nur gesagt, dass Sie einer der vier sind?

Platzgummer: Ja, ich habe auch schon eine Box bekommen, wo vier Kappen drin waren. Das Team war noch offen. Ich habe dann gewartet, wer dann anruft.

STANDARD: Was denkt man sich da, wenn jemand sagt: Du hast es geschafft?

Platzgummer: Es ist einerseits ein erleichterndes Gefühl, weil man doch ein Jahr auf das Ziel hingearbeitet hat. Ich habe mich von der Einladung zu den Tests in Deutschland bis zu dem Trainingslager in Florida bewiesen. Und dafür, dass man da überhaupt erst angeschaut wird, muss man sich schon einen Namen machen. Da sind die Raiders sehr hilfreich. Aber es ist neben der Erleichterung auch eine große Anspannung und Vorfreude, weil es jetzt erst richtig losgeht.

STANDARD: Es gibt die NFL-Weisheit, dass man über Special Teams in den Kader kommt.

Platzgummer: Das wird sicher eine entscheidende Rolle sein, aber das weiß ich jetzt noch nicht genau. Das werde ich dann vom Coach im Laufe der Zeit erfahren und wenn ich dann dort bin. Die haben ja nur einige Sachen gesehen und kennen meine Werte, die wissen ja nicht genau, was ich wie gut mache.

STANDARD: Spekulieren Sie, als Returner zum Einsatz zu kommen?

Platzgummer: Das wäre natürlich eine große Möglichkeit. Die meisten Topspieler werden dafür nicht eingesetzt, weil sie für Offense und Defense aufgespart werden. Da ich in Europa – auch wenn wir Importspieler hatten – der Returner war und dadurch Erfahrung habe, denke ich, dass ich da Chancen habe. Da habe ich dann den Vorteil, dass die Leute nicht wie in Österreich von mir wegkicken, dass ich nicht returnen kann. Das werde ich mir erst wieder verdienen müssen.

STANDARD: Voriges Jahr hat bei den Giants teilweise ein Starting Safety Punts returnt, das kann ja nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Platzgummer: Es ist abhängig vom Team und wer wie fit ist. Meistens ist beim Return entweder wenig rauszuholen, oder man kann ihn eh nicht returnen und muss fair catchen. Da ist es wichtig, dass man den Ball gut fängt und die Ruhe hat. Man kann sich vorstellen, wie das ausschaut, wenn da 100.000 Leute im Stadion sind und Millionen im Fernsehen zuschauen, und man steht da und muss den Ball, der hundert Meter durch die Luft fliegt und herumwabbelt, fangen – mit dem Druck, dass man gleich einen Hit kriegt. Das ist eine Kombination von Stressfaktoren, mit denen man erstmal umgehen muss. Aber ich hätte von den Raiders nicht besser vorbereitet sein können … ich habe mit ihnen in den größten Spielen, die es in Europa gibt, gespielt und dabei einiges bewiesen.

STANDARD: Wie ist es Ihnen im Trainingslager in Florida gegangen?

Platzgummer: Gut. Es war ein bisschen eine lange Geschichte, weil ich am 1. Jänner eine Knie-OP hatte und dann gerade noch fit geworden bin und dort wieder zu laufen angefangen habe. Ich habe mich dann in der Zeit wieder so rauftrainiert, dass es gereicht hat. Da wieder in Form zu kommen war am Anfang nicht leicht.

STANDARD: Was war das Wichtigste, das Sie dort gelernt haben?

Platzgummer: Es gibt vieles, aber wenn ich nur eine Sache nehme: Dass ich die Grundlagen habe, um in der NFL erfolgreich zu sein – wie man Cuts macht, wie man sich bewegt. Das hat mir auch mein Coach gesagt. Ich muss mich nur darauf verlassen und sie einsetzen.

STANDARD: Am Ende des Trainingslagers gab es den wegen Corona kurzfristig vorverlegten Pro Day. Wie waren da die Werte? [Die Athleten absolvierten standardisierte Übungen wie einen 40-Yard-Sprint, mittels derer die Athletik aller Draft-Kandidaten verglichen wird, Anm. d. Red.]

Platzgummer: Es war ein bisschen ärgerlich, dass wir das damals wegen dem Virus so spontan machen mussten, weil dann alles gesperrt wurde. Eigentlich hätten wir noch etwas Zeit gehabt, uns zu erholen, so haben wir es ohne Regenerationszeit gehabt. Aber ich hatte Topwerte, genau darf ich sie leider nicht sagen.

STANDARD: Wie war Ihr Gefühl beim Heimflug?

Platzgummer: Ich war immer optimistisch, ich habe mich gut präsentiert.

STANDARD: Gibt es von den Giants schon Anweisungen bezüglich des Trainings?

Platzgummer: Nein, auch der Abflug ist noch abhängig von der Virusgeschichte.

STANDARD: Noch etwas Human Interest: Hobbys abseits des Sports?

Platzgummer: Abseits des Sports …

STANDARD: Abseits von American Football.

Platzgummer: Gut, sonst wär’s schwer geworden. Ich spiele gerne Billard oder Squash, natürlich mag ich die Berge gern. Ich bin Tiroler. (Martin Schauhuber, 29.4.2020)