Es dauert noch, bis es eine App in Deutschland gibt.

Foto: Sabine Gudath via www.imago-images.de

Eigentlich hätte es auch in Deutschland Mitte April eine Anti-Corona-App geben sollen. Der Gedanke dahinter: Bürgerinnen und Bürger installieren freiwillig eine App, die über Bluetooth erfasst, welche anderen Smartphones gerade in der Nähe sind. Die Daten werden anonym gespeichert. Wird ein Nutzer der App mit dem Coronavirus infiziert, kann er herausfinden, mit wem er Kontakt hatte.

Doch vor wenigen Tagen hat der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gesagt, die Bereitstellung werde "in den nächsten Wochen" erfolgen. Die Verzögerung erklärte er damit, dass "Datensicherheit und Datenschutz so wichtig sind".

Massive Kritik

Bis vor kurzem hatte die deutsche Bundesregierung auch einen anderen Weg verfolgt als jenen, für den sie sich nun entschieden hat. Man wollte eine zentrale Lösung, also einen Abgleich der Daten über einen zentral verwalteten Server. Doch an dieser Pepp-PT-Technologie (Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing) gab es massive Kritik von Datenschützern und IT-Experten.

300 Wissenschafter warnten in einem offenen Brief vor Missbrauch der Daten, sie befürchten, dass durch die App "eine Form der Überwachung durch die Regierung oder den privaten Sektor" ermöglicht werde, was Vertrauen und Akzeptanz in die App "katastrophal beeinträchtigen" würde.

"Dezentrale Softwarearchitektur"

Spahn und Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) schwenkten daraufhin um und erklärten, sie favorisierten nun doch den "Einsatz einer konsequent dezentralen Softwarearchitektur für die Anwendung in Deutschland". Dabei schicken die Nutzer, wenn sie infiziert sind, nur die eigenen IDs an den Server, von wo die anderen User sie herunterladen können.

"Die Nutzung der App durch möglichst große Teile der Bevölkerung ist die Grundlage ihres Erfolges", erklärten Braun und Spahn. Was sie nicht erwähnten: dass just Google und Apple sich entschlossen haben, gemeinsam die technischen Voraussetzungen zu schaffen, um Apps mit dezentralem Ansatz zu unterstützen. Und ohne Mitarbeit der beiden US-Konzerne gilt ein erfolgreicher Einsatz einer Corona-Tracing-App aber als sinnlos, weil fast alle Smartphones mit Betriebssystemen der beiden Firmen ausgestattet sind. (Birgit Baumann aus Berlin, 28.4.2020)