Wien – Der am Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien tätige Demograph Sergei Scherbov erhält einen mit 150.000 Euro dotierten "Proof of Concept"-Förderpreis des Europäischen Forschungsrats ERC. Mit dieser Förderschiene soll das kommerzielle bzw. gesellschaftliche Potenzial von Grundlagenforschungsprojekten ausgelotet werden.

In der aktuellen Antragsrunde des 2011 gestarteten Förderprogramms wurden 55 Förderpreise vergeben. Die Förderung für Scherbov die einzige Auszeichnung für einen in Österreich tätigen Wissenschafter. Neben dem IIASA ist er auch am Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital tätig.

Der Demograf Sergei Scherbov.
Foto: IIASA/Silveri

Scherbov beschäftigt sich im Rahmen eines ihm 2012 zuerkannten "Advanced Grant" des ERC mit einer Neudefinition von Alter, weil er in der reinen Anzahl der Lebensjahre eines Menschen keine taugliche Maßgröße mehr sieht. Sein Ausgangspunkt für das "Re-Aging"-Projekt ist, dass sich die Einschätzung von "alt" im Laufe der Zeit geändert hat und sich angesichts der Tatsache, dass Menschen länger und gesünder leben, auch in Zukunft ändern wird.

Wissenschaftliches "Fairness-Konzept"

Auf Basis dieses ursprünglichen Forschungsvorhabens habe man neue Methoden entwickelt, das Alter von Personen auszudrücken und zu berechnen. Eine der Anwendungen war die Entwicklung und Berechnung von Modellen zu Pensionssystemen, die über mehrere Generationen hinweg gerecht sind und in denen das Antrittsalter nach der neuen Methode festgesetzt wird. "Unsere Motivation war es, auf wissenschaftlich präzise Weise das 'Fairness-Konzept' in die Diskussion über Pensionsalter einzubringen", so Scherbov.

Um diesen akademischen Ansatz nun auf tatsächliche Pensionssysteme umzulegen, brauche es Zusammenarbeit mit Staaten als Partner. Diese hat man in Österreich und Russland gefunden. Im Rahmen des "Proof of Concept"-Projekts werde man nun daran arbeiten, die Idee eines generationenübergreifenden gerechten Pensionssystems zu erforschen und anzuwenden. Darüber hinaus soll die neue Berechnungsmethode für das Alter der Bevölkerung und einfach zugängliche Daten dazu auf einer eigenen Website des IIASA für alle UNO-Mitgliedsländer zur Verfügung gestellt werden. (APA, 28.4.2020)