Ob an Haltegriffen in der U-Bahn oder in Arztpraxen: Mit der Plasmaspritz-Methode wollen Forscher Keime nachhaltig beseitigen.

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Wo viele Menschen zusammentreffen, ist naturgemäß die Ansteckungsgefahr mit Krankheiten hoch. Neben der direkten Infektion etwa über Tröpfchen stellt auch das Berühren von Gegenständen im öffentlichen Raum ein Risiko dar. Denn Krankheitserreger können unterschiedlich lange auf verschiedenen Oberflächen überleben.

Eine Schmierinfektion ist im Supermarkt genauso möglich wie in der Arztpraxis oder in der U-Bahn. An den Studiengängen Werkstoffwissenschaften und Fertigungstechnik sowie Bio- und Umwelttechnik der Fachhochschule Oberösterreich in Wels arbeiten Materialwissenschafter seit einigen Jahren an einer Lösung für dieses Problem.

Ihr Ansatz beruht auf der Idee, Gegenstände mit bioziden Metalloberflächen zu beschichten. "Von etlichen Metallen ist bekannt, dass sie in elementarer Form oder als Oxidverbindung keimtötend wirken", sagt Daniel Heim, Professor für Oberflächentechnik an der FH Oberösterreich. "Dazu zählen beispielsweise Silber, Wolfram, Kupfer und Zink." Da Silber potenziell gesundheitsschädlich und Wolfram sehr teuer ist, stehen vor allem Kupfer und Zink im Fokus der Forschung.

Plasmaspritzen

Die Oberflächenbeschichtung ist eine Alternative dazu, Gegenstände bereits im Herstellungsprozess mit keimtötenden Zusatzstoffen zu versehen. "Denn man benötigt die biozide Wirkung ja nur an der Oberfläche und nicht im Inneren des Gegenstands", sagt Heim.

Die Grundfrage ist, wie man die Metallpartikel dauerhaft auf der Oberfläche fixieren kann. Dafür setzen die Welser auf das sogenannte Plasmaspritzen. Dabei wird in einem Plasmabrenner ein bis zu 20.000 Grad heißes elektrisch leitendes Gas erzeugt. Diesem führt man anschließend mit hoher Geschwindigkeit Metallpartikel im Mikrometer-Maßstab zu. Das Plasma schmilzt die Partikel auf und spritzt sie auf den zu beschichtenden Gegenstand.

Steuerung per Roboterarm

Das Verfahren hat den Vorteil, dass es nicht in einer Vakuumkammer oder unter Schutzgas stattfinden muss, sondern auch unter normalem Atmosphärendruck funktioniert. Der für die Oxidation der Metalle nötige Sauerstoff kann entweder kontrolliert über das Plasma mitgegeben oder aus der Umgebungsluft genommen werden. Die Anlagentechnik ist deshalb vergleichsweise einfach.

Für eine gleichmäßige Beschichtung ist es zwar ratsam, den Plasmabrenner von einem Roboterarm führen zu lassen. doch das ist ohnehin eine Standardtechnologie in der Industrie. Zudem ist das Verfahren schonend – trotz der hohen Temperatur des Plasmas sind die Metallpartikel beim Kontakt mit der Oberfläche schon wieder so stark abgekühlt, dass sie den zu beschichtenden Gegenstand nicht beschädigen.

Wirkstoffdepot mit Langzeitwirkung

In einem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG unterstützten Projekt haben die Welser das Verfahren erfolgreich mit Zinkoxid getestet. Zudem haben sie eine pfiffige Methode zur Langzeitwirkung erprobt. Dabei tragen sie über der eigentlichen Schicht aus Kupfer oder Zink noch eine weitere, halbdurchlässige Schicht auf, die nur wenige Nanometer dick ist. Durch diese wird das Metall langsam, aber kontinuierlich abgegeben. Das Kupfer beziehungsweise Zink fungiert dabei als Wirkstoffdepot.

"Anders als beim einmaligen Desinfizieren möchten wir eine sehr lange anhaltende biozide Wirkung erreichen", sagt Heim. "Wenn möglich, soll sie über Jahre anhalten." Die Entwicklung des Verfahrens erfolgt in Kooperation mit dem oberösterreichischen Schweißtechnik-Unternehmen Inocon.

Laut Heim ist man auf dem Weg zur Marktreife schon "sehr weit" fortgeschritten. Die biozide Wirkung wurde bisher zwar nur anhand von Bakterien bestätigt. "Aber es gibt Studien, die darauf hinweisen, dass Kupfer auch bei Viren wirksam ist", sagt Heim. (Raimund Lang, 3.5.2020)