Es ist schon erstaunlich, wie gut die Regierung das Land im Griff hat. Erst wurde die Öffentlichkeit auf viele Tote eingestimmt und allfälliger Widerstand gegen rigoroses Durchgreifen im Keim erstickt. Dann kamen Gesetzes- und Verordnungsorgien, die ihresgleichen suchen. Doch damit nicht genug: Was sich nicht verfassungskonform sauber regeln ließ, wurde einfach via Pressekonferenzen als Vorschrift verkleidet. Die inflationäre Betonung der Ausgangsbeschränkungen und deren wenigen Ausnahmen kann nicht übertünchen, dass nach dem eigentlichen Sinn der Regelung auch Besuche bei Freunden oder Verwandten stets zulässig waren. So spitzfindig ist die Fantasiebestimmung nun auch wieder nicht, als dass sie nicht von Juristen bald als solche enttarnt worden wäre. Was Regierungsmitglieder aber nicht daran hinderte, weiterhin an ihrer "Interpretation" festzuhalten.

Die Wiener Innenstadt während der Ausgangsbeschränkungen.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Das ist aber nur ein Beispiel für die rechtsstaatlich nicht immer astreinen Praktiken unter der Führung von Sebastian Kurz. Eingriffe in Grundrechte müssen sachlich begründet und verhältnismäßig sein. (Geschürte) Angst vor einem Virus ist keine Legitimation für gesetzeswidrige Verordnungen und deren strikte Exekution. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass die Opferbereitschaft durch dunkle Szenarien drastisch erhöht wurde. Kommunikationstechnisch war die Strategie genial, demokratiepolitisch stimmt sie nachdenklich. (Andreas Schnauder, 29.4.2020)